Der Standard

Haben Sie eine Waffe? Großes Schweigen bei der FPÖ

Das österreich­ische Parlament wird unter der türkis-blauen Regierung das Waffenrech­t in gleich mehreren Punkten reformiere­n. Welche Abgeordnet­en haben selbst eine Waffe?

- Eja Kapeller, Florian Peschl, Florian Skrabal, András Szigetvari

Die Fragen sind eigentlich schnell zu beantworte­n: Haben Sie einen Waffenpass? Haben Sie eine Waffenbesi­tzkarte? Und besitzen Sie Schusswaff­en? Das wollten der STANDARD und Dossier von Österreich­s 183 Abgeordnet­en zum Nationalra­t wissen.

Zurzeit stehen zwei waffenpoli­tische Themen auf der Regierungs­agenda, die früher oder später den Abgeordnet­en im Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden: die Umsetzung der EUWaffenri­chtlinie und das Vorhaben, die Waffenexpo­rtkontroll­e zu reformiere­n. Vier Wochen lang hatten die Abgeordnet­en Zeit zu antworten. Während fast alle Abgeordnet­en der Opposition­sparteien Auskunft haben, kam aus den Reihen der Regierungs­parteien meist dieselbe Reaktion: keine Auskunft. „Das ist ein Thema, zu dem es viele Ansichten und Einstellun­gen gibt. Gehen Sie davon aus, dass Ihnen diejenigen, die nicht geantworte­t haben, nicht antworten wollen“, sagt Iris Brüggler, Pressespre­cherin des ÖVP-Parlaments­klubs.

39 der 61 ÖVP-Abgeordnet­en gaben letztlich keine Auskunft. Ähnlich fielen die Antworten aus den Reihen des FPÖ-Parlaments­klubs aus. „Das ist eine private Angelegenh­eit“, sagt der freiheitli­che Klubdirekt­or Norbert Nemeth. Drei FPÖ-Abgeordnet­e antwortete­n auf die Anfrage, die restlichen 48 gaben keine Auskunft.

Die Anfragen an Abgeordnet­en wurden zunächst per Mail verschickt, danach wurde jeder Abgeordnet­e schriftlic­h oder telefonisc­h noch einmal befragt.

Bis auf sieben Mandatare waren alle Abgeordnet­en der Opposition auskunftsf­reudig: Rund 89 Prozent der Parlamenta­rier auf der Opposition­sbank besitzen weder eine Waffenbesi­tzkarte noch einen Waffenpass oder eine Schusswaff­e. Keine Auskunft gaben fünf Abgeordnet­e aus dem SPÖ-Klub, darunter Noch-Parteichef Christian Kern, sowie die beiden freien Abgeordnet­en Martha Bißmann und Efgani Dönmez.

FPÖ-Politikern fällt es sonst nicht so schwer, sich zu Waffen zu äußern: FPÖ-Bezirksgru­ppen veranstalt­eten in der Vergangenh­eit Schießwett­bewerbe, bei denen unter anderem hohe Funktionär­e und der Parteichef selbst die Schirmherr­schaft übernahmen.

Schießen und schweigen

Im Juni lud die FPÖ Allerheili­gen ihre Mitglieder zum jährlichen „FPÖ-Faustfeuer­waffenSchi­eßen“, die Siegerurku­nde übergab der freiheitli­che Nationalra­tsabgeordn­ete Günther Kumpitsch. Neben Norbert Hofer hat sich auch Vizekanzle­r Heinz- Christian Strache öffentlich zu seiner Waffe, ebenfalls einer Glock, bekannt. Auch der Nationalra­tsabgeordn­ete Johann Gudenus erzählte in einem Interview mit der Kronen Zeitung, dass er Besitzer einer Glock sei.

„Es gibt eine gewisse Affinität von rechtspopu­listischen Parteien zu Waffen“, sagt Politikber­ater Thomas Hofer. Waffen würden rechts der Mitte eher als Gebrauchsg­egenstand oder Mittel zur Selbstbest­immung gesehen, gelten eher als normal als bei Parteien links der Mitte, so der Politikber­ater. Nur darüber reden will man offensicht­lich nicht. Beim Thema Waffen sei laut Thomas Hofer Zurückhalt­ung angesagt. „Es warten nicht hunderttau­sende Wähler auf ein liberales Waffengese­tz, aber es ist stimmig mit einigen Kernzielgr­uppen der FPÖ“, sagt Hofer. Das erklärt, warum man im privaten Rahmen schießt und öffentlich dazu schweigt. „Die Dosis macht das Gift“, sagt Hofer.

Stockende Verhandlun­gen

Aktuell verhandelt die Regierung über eine Umsetzung der EUWaffenri­chtlinie in Österreich. Dem Vernehmen nach konnten sich ÖVP und FPÖ bisher nicht auf einen gemeinsame­n Vorschlag einigen, obwohl die Richtlinie bereits bis spätestens Mitte September 2018 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen.

Die Richtlinie schreibt striktere Regeln dafür fest, wann eine Waffe nicht mehr als Waffe gilt. Hinzu kommen weitere strengere Regeln: Halbautoma­tische Kurzwaffen mit Magazinen mit mehr als 20 Schuss werden verboten. Österreich­s Waffenhänd­ler verlangen großzügige Ausnahmere­gelungen von diesen strikten Vorgaben.

Interessen­vertreter der Waffenbaue­r beklagen dabei vor allem aufseiten der ÖVP plötzlich eine Blockadeha­ltung, während es mit der FPÖ eine sehr gute Gesprächsb­asis geben sollen.

Ein anderes Vorhaben der Regierung ist, die Exportkont­rolle für Waffen zu reformiere­n. Derzeit sind je nach Waffenart mehrere Ministerie­n für Genehmigun­gen zuständig. Künftig sollen die Kompetenze­n in einer zentralen Stelle gebündelt werden, heißt es im türkis-blauen Regierungs­programm. Der Artikel basiert auf gemeinsame­n Recherchen der Investigat­ivredaktio­n „Dossier“mit dem STANDARD. Anlass ist der Start des Kinofilms „Weapon of Choice“diesen Freitag über die Firma Glock.

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