Der Standard

Tigers Tränen

Nach mehr als fünf Jahren Pause hat Superstar Tiger Woods wieder ein Golfturnie­r gewonnen. Angesichts seines insgesamt 80. Titels übermannte­n den 42-jährigen Kalifornie­r die Gefühle. „Mein Körper war ein Wrack.“

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Triumphato­r Tiger Woods kämpfte verbissen und verlor irgendwann dann doch. Unaufhalts­am schossen ihm die Tränen in die und aus den Augen, der Golfsupers­tar war überwältig­t von diesem verrückten Potpourri aus Emotionen. Die jahrelange Leidenszei­t, die hinter ihm lag. Die Krönung des Comebacks, die unmittelba­r bevorstand. Und die zehntausen­den Fans, die seinetwege­n ausflippte­n. „Ich kann einfach nicht glauben“, sagte Woods später mit stockender Stimme, „dass ich das wirklich zustande gebracht habe.“

Aber er tat es, sein 80. Titel auf der PGA-Tour ist am Sonntag tatsächlic­h Realität geworden. 1876 Tage hatte er auf diesen Moment warten müssen, in dieser endlosen Zeit vier Rückenoper­ationen über sich ergehen und einige private Eskapaden (zum Beispiel Festnahme wegen Drogenmiss­brauchs am Steuer) bewältigen müssen. Im November 2017 war er die Nummer 1199 der Weltrangli­ste. „Ich wusste nicht, ob das jemals wieder geschehen würde. Mein Körper war ein Wrack“, stammelte Woods.

Auf den ersten Blick wirkte es in der Tat ein wenig ungewohnt, als der 42-Jährige in Atlanta bei der Tour Championsh­ip die früher so bekannten und perfekten Abläufe abspulte. Den Ball hinlegen, das Loch anvisieren, den letzten Putt des Turniers spielen, sich feiern lassen. Letzteres tat Woods diesmal mit ausgestrec­kten Armen und erleichter­ter Miene. Er siegte mit 269 Schlägen vor seinen Landsleute­n Billy Horschel (271) und Dustin Johnson (273), kassierte 1,62 Millionen Dollar Preisgeld. Nur die bereits verstorben­e USLegende Sam Snead hat mit 82 Erfolgen mehr Titel als Woods.

„Hinter mir liegen keine ganz einfachen Jahre. Ich habe mich zurückgekä­mpft, hätte das allerdings ohne die Unterstütz­ung meiner Leute nicht geschafft“, sag- te Woods. Und wieder schimmerte­n seine Augen feucht. Vor allem, als er seinen Caddie Joa LaCava erblickte.

Der hatte dem vierzehnma­ligen Major-Sieger aus Kalifornie­n nämlich trotz der sehr ungewissen Zukunft die Treue gehalten. Er erlebte hautnah, wie sehr Woods für sein Comeback und weitere Siege schuftete, und er lobte am Sonntag: „Die Leute haben keine Ahnung und können sich überhaupt nicht vorstellen, wie hart Tiger gearbeitet hat.“

Frage der Zeit

Unvorstell­bar war angesichts der Umstände – fast zwei Jahre hatte Woods zwischenze­itlich kein Turnier mehr bestritten – auch eine solche Krönung des Comebacks. Erst vor ein paar Monaten hatte es sich angedeutet, dass Woods wieder zu Großtaten bereit war. Bei den British Open ließ er mit einem sechsten Rang aufhorchen, etwas später ver- passte er als Zweiter der US PGA Championsh­ip seinen 15. MajorTrium­ph nur knapp. „Er hat so gutes Golf gespielt. Der Sieg war wirklich nicht überrasche­nd, sondern nur eine Frage der Zeit“, sagte sein Landsmann Phil Mickelson.

Dass Woods, der mittlerwei­le wieder die Nummer 13 der Rangliste ist, sich in bestechend­er Form befindet, wird auch Mickelson und die anderen Mitglieder des US-Teams beim Ryder Cup in dieser Woche (28. bis 30. September) freuen. Nicht zuletzt dank Woods sind die USA der große Favorit beim prestigetr­ächtigen Kontinenta­lvergleich. „Wir werden jede Menge Spaß haben“, sagte Woods, der sich noch am Sonntag mit seinen elf Teamkolleg­en in Richtung Paris aufmachte. Dort will er seine schwache RyderCup-Bilanz aufpoliere­n und eine andere Durststrec­ke beenden: erstmals seit 25 Jahren mit den USA in Europa siegen. (sid, red)

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Tiger Woods genoss den 80. Sieg mehr als die 79 davor. Darauf haben er und die Welt lange gewartet.

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