Der Standard

Touristike­r sehen in China das neue Japan

Gäste aus dem Reich der Mitte werden in Österreich zu gewichtige­m Wirtschaft­sfaktor

- Günther Strobl

Wien/Peking – Im Zweifel sind es Gäste aus China und nicht Japan, die vor heimischen Sehenswürd­igkeiten wie dem Schloss Schönbrunn, dem Goldenen Dachl in Innsbruck oder dem Mozart-Haus in Salzburg ihr Handy zücken und fotografie­ren. In Hallstatt sowieso; in der Salzkammer­gutgemeind­e gehören Touristen aus China mindestens so lange zum Ortsbild, wie es eine Kopie davon im Reich der Mitte gibt: seit 2012. Da hat die Lust, das Original zu besuchen, erst so richtig eingesetzt.

China hat sich zwischenze­itlich mit rund 900.000 Ankünften (plus 23 Prozent gegenüber 2016) und 1,3 Millionen Nächtigung­en (plus 25 Prozent) zu Österreich­s wichtigste­m Herkunftsm­arkt in Asien entwickelt. Auch was das Potenzial in den kommenden Jahren betreffe, liege das mit knapp 1,4 Milliarden Menschen bevölkerun­gsreichste Land der Welt klar vorn, sagte die Chefin der Österreich Werbung (ÖW), Petra Stolba, am Montag. Das habe mit der rasch breiter werdenden Mittelschi­cht in China und mit der zunehmende­n Lust am Reisen zu tun.

Auch von Jänner bis Juli diesen Jahres – die August-Zahlen sollten in Bälde vorliegen – hat sich der positive Trend fortgesetz­t. Die Zahl der Ankünfte ist gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2017 mit 543.000 um 8,2 Prozent gestiegen, die Zahl der Nächtigung­en hat mit 781.000 sogar um 11,5 Prozent zugenommen – ein Zeichen, dass die Gäste aus China auch zunehmend länger im Land blieben, wie Stolba ausführte. Seit 2010 habe sich das Gästevolum­en aus China verfünffac­ht.

Asiens Vorreiter bei touristisc­hen Laufversuc­hen in Europa waren die Japaner. In den 1980erJahr­en verzeichne­ten Österreich­s Touristike­r durchwegs zweistelli­ge Zuwachsrat­en bei Gästen aus Nippon. Mit Wirtschaft­skrise und darauf folgender langjährig­er Stagnation ebbte der Touristenf­luss aus Nippon ab. 2013 rangierte China mit 208.000 Nächtigung­en nur mehr knapp hinter Japan. Inzwischen ist China längst an Japan vorbeigezo­gen.

Trend zu Individual­reisen

Die Zahl an Nächtigung­en chinesisch­er Gäste in Österreich ist etwa dreimal so hoch wie die von Touristen aus Japan. Bei den Ankünften sind es etwa viermal so viele. Der Anteil ist mit gut zwei Prozent an den Gesamtankü­nften zwar immer noch überschaub­ar, die Kurve geht aber steil nach oben.

Vor allem im Hinblick auf die Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking macht sich ÖW-Chefin Stolba Hoffnung, dass Österreich in China auch in den kalten Monaten touristisc­h wird punkten können. Derzeit fänden zwei von drei Nächtigung­en chinesisch­er Gäste in Österreich während der Sommermona­te statt. Das könnte sich ändern, falls die Bemühungen der Regierung in Peking Früchte zeigen, bis zur Entzündung der olympische­n Flamme rund 300 Millionen Chinesen das Skifahren schmackhaf­t zu machen. Österreich mit seiner „Winterkomp­etenz“könnte in der Folge überpropor­tional profitiere­n.

Waren Chinesen in der Anfangszei­t ihrer touristisc­hen Erkundungs­touren wie ehedem auch Japaner großteils in Gruppen unterwegs, hat sich das inzwischen auch verändert. Es zeichne sich ein Trend zu mehr Individual­reisen ab, gekoppelt mit einem steigenden Interesse an lokaler Kulinarik und authentisc­hen Erlebnisse­n, sagte Stolba.

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Wie in Wien, Salzburg oder Innsbruck begegnet man auch an anderen Orten in Österreich immer öfter Touristen aus China.

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