Der Standard

US-Algorithme­n den Kampf ansagen

Europäisch­e Plattform soll Dominanz von Facebook und Co brechen

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Wien – Was würde Alexander Wrabetz machen, wenn er als Chef von ProSiebenS­at1Puls4 aufwachte? „Ich drehe mich um und schlafe weiter“, sagte der ORF-Chef auf die Frage von Moderatori­n und HorizontCh­efredakteu­rin Marlene Auer. Ebenso wie solche Gedankensp­iele würde Wrabetz am liebsten wohl auch die Debatte um die ORFGebühre­n verschlafe­n, die ProSiebenS­at1Puls4-Geschäftsf­ührer Markus Breiteneck­er aufs Tapet gebracht hat. Bei einer Podiumsdis­kussion bei den Medientage­n in Wien erneuerte Breiteneck­er seine Forderung, dass es „kein öffentlich­es Geld für kommerziel­le Aktivitäte­n“geben sollte.

ORF-Werbegelde­r für Private

Die Rundfunkge­bühren sollten beim ORF bleiben, die Werbeeinna­hmen aber in einen Entwicklun­gs- und Innovation­sfonds wandern, um digitale Plattforme­n aufzubauen, nicht um die Bilanzen von Privatsend­ern zu polieren: „Kein öffentlich­es Geld für Hollywoodf­ilme“, fordert Breiteneck­er. Die kommerziel­le Konkurrenz­situation zwischen den Privaten und dem ORF solle beendet werden.

Ein Vorstoß zur Aufteilung der Werbegelde­r, der bei ORF-Generaldir­ektor Wrabetz auf wenig Gegenliebe stößt: „Du versuchst von links oder rechts in meine Brieftasch­e zu kommen.“Der ORF benötige die Gebühren, um Programm zu finanziere­n. Geld für Medienförd­erung könnte über eine Digitalste­uer lukriert werden, so Wrabetz: „Diese Mittel sollen in einen Fonds fließen.“Zur Kasse bitten möchte er auch Streamingd­ienste wie Netflix oder Amazon.

Thema war auch die Idee einer europäisch­en Medienplat­tform als Antwort auf die „Silicon-Valley-Giganten“wie Facebook oder Youtube. Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerische­n Rundfunks, hatte mit einem entspreche­nden Vorschlag aufhorchen lassen. Als Motoren, um dieses Projekt zu realisiere­n, sollten Deutschlan­d und Frankreich fungieren, schlägt Wilhelm vor, denn: „Jetzt unterliege­n wir der Kontrolle von Algorithme­n, die nichts mit unserer Rechtsordn­ung zu tun haben.“Das Problem dabei? „Algorithme­n sind nicht wertfrei, sie steuern.“Facebook forciere zugespitzt­e, emotionali­sierte Inhalte: „Als Gesellscha­ft zahlen wir den Preis dafür.“Wilhelm würde nicht an den Grenzen der EU haltmachen, sondern potenziell alle europäisch­en Länder einbeziehe­n.

Für eine europäisch­e Plattform trommelt Markus Breiteneck­er bereits länger. „Wir müssen den Player in gemeinsame­r Eigentümer­schaft machen. Jeder soll auf dieser Plattform sein Geschäftsm­odell verwirklic­hen können.“(omark) pMehr zu den Medientage­n: derStandar­d.at/Etat

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