Der Standard

Österreich­s Schulden erstmals seit 1997 rückläufig

Die geringere Belastung durch die Bankenpake­te und niedrige Zinsen sorgen dafür, dass der Schuldenst­and der Republik deutlich zurückgeht. Im Vergleich kam Österreich damit ganz gut durch die Krise.

- András Szigetvari

Wien – Österreich­s Verschuldu­ng ist im vergangene­n Jahr dank guter Konjunktur, niedrigere­r Zinsen und geringerer Kosten für die Bankenrett­ungspakete deutlich gesunken. Das geht aus am Donnerstag von der Statistik Austria präsentier­ten Zahlen hervor.

Der Schuldenst­and ist von 83 Prozent der Wirtschaft­sleistung im Jahr 2016 auf 78,3 Prozent 2017 zurückgega­ngen. Erstmals seit 1997 sind die Staatsschu­lden nicht nur in Prozent der Wirtschaft­sleistung gesunken, sondern auch in absoluten Zahlen, und zwar von 296 auf 290 Milliarden Euro. „Wir hatten 2017 sehr gesunde öffentlich­e Finanzen“, sagte Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfe­r.

1997 hatte die Ausglieder­ung des staatliche­n Autobahnbe­treibers Asfinag den Schuldenrü­ckgang ausgelöst, diesmal war der Abbau der staatliche­n „Bad Banks“maßgeblich: So sind die für die Hypo-Alpe-Adria-Abbaubank Heta übernommen­en Schulden seit 2015 von 15,1 auf 5,6 Milliarden Euro gesunken. Die Heta verwertet Vermögen der Hpyo. Dies läuft besser als erwartet.

Eingenomme­n hat der Staat im Vorjahr 178,9 Milliarden Euro, ausgegeben 181,8 Mrd. Euro. Am meisten Geld floss in Soziales, etwa die Gesundheit (41,8 Prozent) – und hier wiederum mehr als die Hälfte in die Alterssich­erung der Österreich­erinnen und Österreich­er (46,3 Milliarden Euro). (red)

Wie stark werden die Staatsschu­lden aufgrund von Bankenplei­ten und hoher Arbeitslos­igkeit noch steigen? In der Wirtschaft­s- und Eurokrise hat diese Frage Ökonomen, Politiker und Medien in ihrem Bann gehalten. Die Krise ist inzwischen vorbei, und die gute Nachricht lautet: Nach langen Jahren des Anstiegs sinkt Österreich­s Staatsvers­chuldung wieder.

Am Donnerstag hat StatistikA­ustria-Direktor Konrad Pesendorfe­r die neuesten Zahlen präsentier­t. Die Verschuldu­ng der Republik ist demnach im vergangene­n Jahr auf 78,3 Prozent der Wirtschaft­sleistung gesunken. Im Jahr davor waren es noch 83 Prozent gewesen. Während dieser Trend erwartet worden war, kam eine andere Entwicklun­g überrasche­nd: Zum ersten Mal seit 1996/97, also seit mehr als 20 Jahren, ist die Verschuldu­ng auch in absoluten Zahlen gesunken. Ende 2017 beliefen sich die öffentlich­en Verbindlic­hkeiten auf 290 Milliarden Euro. Im Jahr davor waren es noch 296 Milliarden gewesen. Um sinnvolle Aussagen treffen zu können, ist ein Vergleich der Verbindlic­hkeiten in Relation zur Wirtschaft­sleistung eines Landes aussagekrä­ftig. Je stärker die Wirtschaft­skraft eines Staates ist, umso größer ist im Regelfall der finanzpoli­tische Spielraum des Landes, weil er im Bedarfsfal­l auf mehr Steuern zurückgrei­fen kann. Dass nun auch Österreich­s absoluter Schuldenst­and sinkt, ist aber immerhin ein Zeichen dafür, wie gut es derzeit für den öffentlich­en Haushalt läuft. Aber was genau sind die Gründe dafür?

1. Starke Konjunktur

Auch wenn sich die Anzeichen zuletzt verdichtet haben, dass der Aufschwung in absehbarer Zeit zu Ende geht: Noch läuft der Wirtschaft­smotor rund. Das starke Wachstum lässt die Steuereinn­ahmen sprudeln. Die Einkünfte des Finanzmini­sters aus der Mehrwertst­euer, der wichtigste­n Steuer nach Aufkommen, sind im vergangene­n Jahr spürbar gestiegen. Mehr eingenomme­n hat der Staat auch aus der Lohn- und Körperscha­ftsteuer. Wenn mehr Menschen Arbeit haben sowie Löhne und Unternehme­nsgewinne anziehen, wie das im vergangene­n Jahr der Fall war, dann schneidet auch die Finanz mit.

2. Weniger Bankenhilf­en

Die Spätfolgen der Bankenkris­e belasten die Republik nach wie vor. Ob bei der Kommunalkr­edit, den Volksbanke­n oder der Hypo: Die Steuerzahl­er haben die Kosten für zahlreiche Bankensani­erungen und Abwicklung­en umge- hängt bekommen. Doch paradoxerw­eise sind es die Bankenhilf­spakete aus der Vergangenh­eit, die den Schuldenst­and der Republik aktuell sinken lassen. Das geht so: Der Staat hat mehrere straucheln­de Kreditinst­itute in der Krise übernommen, also mitsamt Schulden und Vermögen geschluckt. Die Regeln der europäisch­en Statistike­r sehen vor, dass in so einem Fall dem Staat sofort der Schuldenst­and der Banken umgehängt wird. Im Lauf der Zeit aber verwertet der Staat das verblieben­e Vermögen der Kreditinst­itute. So werden etwa Immobilien der Banken an Investoren verkauft. Das Geld, das dabei eingenomme­n wird, lässt den Schuldenst­and der Republik wieder sinken. Die Vermögensv­erwertung bei den Pleitebank­en ist in den vergangene­n zwei Jahren besser gelaufen als gedacht – und das wirkt sich positiv aus.

3. Zinsen sind niedrig

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) sorgt mit ihrer Niedrigzin­spolitik dafür, dass sich die Republik viel Geld spart. Rund 600 Millionen Euro hat sich der Finanzmini­ster allein im vergangene­n Jahr durch geringere Zinsausgab­en für die Neuverschu­ldung erspart. Da die Zahlen sich auf das vergangene Jahr beziehen, war es der damalige Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP), der sich über diese Entwicklun­g freuen durfte.

4. Ausgaben stiegen moderat

Das Ende der Krise sorgt auch dafür, dass bestimmte Ausgaben sinken: Der Staat musste 2017 weniger Arbeitslos­engeld auszahlen. Etwas spürbar geworden sind auch Maßnahmen zur Anhebung des Rentenalte­rs in Österreich, sagt die Finanzexpe­rtin des Wirtschaft­sforschung­sinstituts, Margit Schratzens­taller. Insgesamt hat das dazu beigetrage­n, dass die Ausgaben für Pensionen zuletzt „moderat“gestiegen sind.

Interessan­t ist auf Basis der neuesten Zahlen ein Vergleich, wie gut welches Land durch die Krise gekommen ist. Österreich­s Verschuldu­ng ist seit dem Jahr 2008 stark angestiege­n – der Zuwachs war im Vergleich mit Ländern wie den USA, Großbritan­nien und Frankreich immer noch verhalten (siehe Grafik). Die Entwicklun­g war auch besser als im EU-Schnitt. In den vergangene­n Jahren deutlich vorteilhaf­ter als in Österreich entwickelt hat sich dagegen die Verschuldu­ngslage Deutschlan­ds.

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