Der Standard

Hoffnung und Zweifel in Israel und Palästina

Trump mag sie. Die israelisch­e Opposition findet sie auch gut. Nur in Israels Regierung sieht man die Zweistaate­nlösung als Gefahr. Die Palästinen­ser bezweifeln, dass Trump es überhaupt ernst meint.

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

Seit Monaten wird gerätselt, was den US-Amerikaner­n denn nun vorschwebt in Sachen Nahost-Friedensde­al. Ein Staat? Zwei Staaten? Bislang wollte sich Donald Trump nicht festlegen. Den ominösen Plan, der laut US-Präsident in den kommenden zwei bis vier Monaten veröffentl­icht werden soll, hat noch keiner außerhalb des USTeams gesehen. Was immerhin seit Mittwochab­end klar ist: Trump befürworte­t eine Zweistaate­nlösung. „Ich mag die Zweistaate­nlösung. Das, glaube ich, funktionie­rt am besten. Ich muss noch nicht einmal mit irgendwem sprechen, das ist mein Gefühl“, sagte er bei der Pressekonf­erenz nach dem Treffen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu.

Die Reaktionen auf die unerwartet­e Aussage folgten prompt. Dass Trump kurze Zeit später auf Nachfrage von Journalist­en meinte, er würde auch eine Einstaaten­lösung akzeptiere­n, wenn die Konfliktpa­rteien es wünschen, ging in den Diskussion­en unter.

Vor allem aus der israelisch­en Opposition gab es Zustimmung: Opposition­sführerin Zipi Livni begrüßte auf Twitter Trumps Bekenntnis zu zwei Staaten. Dies sei genauso wichtig wie die Zusage der USA, in Sachen Sicherheit an der Seite Israels zu stehen. Livni hatte bereits am Dienstag Palästinen­serpräside­nt Mahmud Abbas getroffen, um ihm nahezulege­n, an den Gesprächst­isch mit den Amerikaner­n zurückzuke­hren, bevor die Chancen auf eine Zweistaate­nlösung ganz verschwind­en.

Die Palästinen­ser hatten die USA als Friedensve­rmittler schon vor Monaten abgeschrie­ben. Sie sind frustriert über deren Nahostpoli­tik: Nach der Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels und dem Botschafts­umzug strich Trump Millionen an Hilfsgelde­rn und ließ die palästinen­sische Vertretung in Washington schließen. Am Mittwoch kam die palästinen­sische Delegation deshalb in New York mit Vertretern aus 40 Staaten zusammen, wobei es um Alternativ­en zu Trumps Friedensde­al gegangen sein soll.

Die Reaktion der Palästinen­ser auf Trumps Bekenntnis zur Zweistaate­nlösung fiel verhalten aus: Das reiche nicht, teilte der palästinen­sische Außenminis­ter Riyad al-Maliki mit und verwies auf die Haltung Trumps in Sachen Jerusalem, die Flüchtling­sfrage und den Siedlungsb­au.

Gegenwind von rechts

Auch in israelisch­en Regierungs­kreisen war man über Trumps Äußerung weniger erfreut. Nicht nur Bildungsmi­nister Naftali Bennett machte klar, dass ein palästinen­sischer Staat eine Katastroph­e sei, und versichert­e, dass es diesen nicht geben werde, solange seine Partei Jüdisches Heim mit in der Regierung sitzt. Auch aus dem Likud, der Partei Netanjahus, kam Gegenwind. Der Abgeordnet­e Yehuda Glick nannte die Idee schrecklic­h: „Es ist schwer zu glauben, dass Israel Selbstmord begehen möchte.“

Netanjahu zögerte bei der Pressekonf­erenz mit Trump deshalb auch gar nicht lange und stellte klar, dass Israel die Souveränit­ät über die Sicherheit zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer unter seiner Regierung niemals abgeben werde.

Überhaupt ist fraglich, ob eine Zweistaate­nlösung noch möglich sein wird. Denn der Siedlungsb­au geht ununterbro­chen voran. Nun steht noch die Räumung des Beduinendo­rfs Khan Al Ahmar bevor. Sollte es zu einer Zwangsräum­ung kommen und sollten auf jenem Land Wohneinhei­ten für Israelis entstehen, dann würde ein Siedlungsb­lock das Westjordan­land in zwei Teile teilen. Ein zusammenhä­ngender palästinen­sischer Staat wäre dann kaum noch denkbar.

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Israels Premier Benjamin Netanjahu (li.) muss seine Wähler nach dem überrasche­nden Bekenntnis von US-Präsident Donald Trump zu einer Zweistaate­nlösung beruhigen.

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