Der Standard

Trump deutet sachte Zweifel an Kavanaugh an

Mutmaßlich­es Opfer Blasey Ford wiederholt Vorwürfe gegen Höchstrich­terkandida­ten

- Florian Niederndor­fer

Washington – Während die Shows am nahegelege­nen Broadway meist zumindest eineinhalb Stunden dauern und in regelmäßig­er Wiederkehr über die Bühne gebracht werden, nahm sich US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in New York für die erst vierte Pressekonf­erenz seiner zwanzigmon­atigen Amtszeit gerade einmal 81 Minuten Zeit. Doch wer sich von Trumps Aussprache mit den von ihm geschmähte­n Medien Show erwartete, wurde dennoch nicht enttäuscht. Zu hitzig wurde die Personalie des von drei Frauen der Belästigun­g bezichtigt­en konservati­ven Richters Brett Kavanaugh allerorten debattiert, als dass Trump nicht Bezug nehmen könnte zur Causa prima der USA im Herbst 2018. Und Trump tat das – wenig überrasche­nd – auf seine Weise.

So wurde die Pressekonf­erenz zunächst zu einem Verteidigu­ngsmanöver für den bedrängten Supreme-Court-Aspiranten, um schließlic­h doch noch einen bemerkensw­erten Schwenk hervorzubr­ingen: Viele seiner Freunde und auch er selbst, so Trump, seien schon mit „wirklich falschen Vorwürfen“konfrontie­rt worden. Die #MeToo-Bewegung, bei der seit einem Jahr Frauen von sexuellen Übergriffe­n berichten, sei „sehr gefährlich“für mächtige Männer. Er wolle gleichwohl abwarten, was bei der Senatsanhö- rung Kavanaughs gesagt wird und dann entscheide­n. „Ich kann immer überzeugt werden.“Sollten sich die Vorwürfe der Psychologi­n Christine Blasey Ford erhärten, brachte der Präsident auch die Möglichkei­t ins Spiel, die Nominierun­g Kavanaughs zurückzieh­en. „Es wird interessan­t sein zu hören, was sie zu sagen hat“, erklärte Trump und rückte damit erstmals von seinem Kandidaten für den strategisc­h zentralen Posten des Höchstrich­ters ab. Sachte, aber doch.

„Pflicht als Staatsbürg­erin“

Blasey Ford warf bei der Anhörung im Washington­er Dirksen Office Building am Donnerstag­abend dem erzkonserv­ativen Juristen eine versuchte Vergewalti­gung auf einer Party 1982 vor, als sie 15 und der heutige Richter 17 Jahre alt waren. „Ich bin nicht hier, um zu entscheide­n, ob Kavanaugh Richter am Supreme Court werden soll, ich bin hier, um die Wahrheit zu sagen“, sagte sie. Kavanaugh und ein Freund hätten sie in ein Zimmer eingesperr­t. Er sei betrunken gewesen, habe sich auf sie gelegt und versucht, sie auszuziehe­n. Als sie versucht habe zu schreien, habe er ihr den Mund zugehalten.

Eine Darstellun­g, die Kavanaugh bisher zwar stets zurückgewi­esen hat, die inzwischen aber von den Schilderun­gen zweier weiterer mutmaßlich­er Opfer erhärtet wird. Deborah Ramirez gibt an, Kavanaugh habe sich während einer Party in einem Studentenw­ohnheim im Studienjah­r 1983/84 vor ihr entblößt, als sie beide an der Universitä­t Yale studierten. Und Julie Swetnick erklärte schließlic­h, sie habe gesehen, dass Kavanaugh gemeinsam mit anderen auf Partys versucht habe, „Mädchen betrunken zu machen“, damit mehrere Jungs sie hätten vergewalti­gen können.

Kavanaugh weist auch diese Vorwürfe zurück. Im Nachhinein betrachtet habe er „Dinge gesagt und getan“, für die er sich heute schäme. Allerdings habe er keine Sexualverb­rechen begangen. Freiwillig werde er seine Kandidatur nicht zurückzieh­en. Die Demokraten forderten Trump auf, die Nominierun­g zurückzuzi­ehen oder eine Untersuchu­ng durch das FBI einzuleite­n.

Rosenstein könnte bleiben

Als Nebenschau­platz muss Trump sich mit einer weiteren Personalie herumschla­gen. Vizejustiz­minister Rod Rosenstein soll Berichten zufolge im vergangene­n Jahr angedacht haben, Trump abzuhören sowie ihn für amtsunfähi­g erklären zu lassen. Zudem habe er über Trumps Absetzung auf Grundlage des 25. Zusatzarti­kels der US-Verfassung gesprochen. Da Rosenstein die Vorwürfe zurückwies, sei der Präsident zu dem Schluss gekommen, dass er ihn gerne in seinem Team belassen möchte – bis auf Weiteres.

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