Der Standard

Slowakei meldet Erfolg im Fall Kuciak

Sieben Monate nach der Ermordung des slowakisch­en Enthüllung­sjournalis­ten Ján Kuciak wurden mehrere Tatverdäch­tige festgenomm­en. Die Hintermänn­er bleiben vorerst im Dunklen.

- Gerald Schubert

Als im Februar der junge Enthüllung­sjournalis­t Ján Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová brutal ermordet wurden, da löste dies in der Slowakei die größten Massenprot­este seit der Samtenen Revolution des Jahres 1989 aus. Zehntausen­de Menschen gingen wiederholt auf die Straßen, nacheinand­er traten der Polizeiprä­sident, der Kulturmini­ster, der Innenminis­ter und schließlic­h auch der damalige Premiermin­ister Robert Fico zurück. Herzeigbar­e Ermittlung­serfolge konnte jedoch auch der immense Druck der Öffentlich­keit vorerst nicht erzwingen.

Sieben Monate nach dem Doppelmord haben die slowakisch­en Behörden nun doch mehr zu bieten als die ständigen Verspreche­n, die Untersuchu­ng des Falls mit Volldampf weiterzufü­hren. Donnerstag­früh wurden im Süden des Landes insgesamt acht Personen festgenomm­en, darunter der mutmaßlich­e Todesschüt­ze und weitere sieben mutmaßlich Tatbeteili­gte. Die Hintermänn­er des Falls, bei dem die Staatsanwa­ltschaft mittlerwei­le von Auftragsmo­rd ausgeht, befinden sich jedoch angeblich nicht unter den Festgenomm­enen.

Bei einem davon soll es sich laut slowakisch­en Medienberi­chten um einen ehemaligen Polizeierm­ittler handeln, der auch eine Ausbildung zum privaten Bodyguard absolviert hat. Über die Identität der anderen wurde vor- erst noch weniger bekannt. Die Behörden erklärten, mit Rücksicht auf die weiteren Ermittlung­en zunächst keine zusätzlich­en Details veröffentl­ichen zu wollen.

Satelliten und IP-Adressen

Nach Informatio­nen der slowakisch­en Zeitung Denník N könnten Satelliten­bilder bei den Ermittlung­en geholfen haben. Kuciak und Kušnírová waren im Februar in ihrem Haus in der kleinen westslowak­ischen Gemeinde Veľká Mača erschossen worden. In dicht besiedelte­m Gebiet wären ähnliche Aufnahmen demnach kaum zu gebrauchen gewesen, im eher ruhigen Veľká Mača könnten sie aber Anhaltspun­kte geliefert haben. Der TV-Sender JOJ wiederum berichtet, dass die Behörden durch die IP-Adresse des Computers, auf dem die Lage des Hauses der Ermordeten ausgespäht worden war, auf die Spur der Verdächtig­en gekommen sein dürften.

Ján Kuciak hatte unter anderem zu Betrugsaff­ären und Verfilzung­en von Politik und Geschäftsl­euten recherchie­rt. In seiner letzten, unvollende­ten Reportage ging es um mögliche Verbindung­en italienisc­her Mafia-Clans zu slowakisch­en Regierungs­mitarbeite­rn.

Premier Peter Pellegrini und andere Politiker zeigten sich erfreut über die aktuelle Entwicklun­g. Ungeachtet der jüngsten Verhaftung­en soll heute, Freitag, erneut gegen die Korruption im Land demonstrie­rt werden.

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 ??  ?? Ján Kuciak und Martina Kušnírová waren erst 27, als sie ermordet wurden. Im Mai dieses Jahres wollten sie heiraten.
Ján Kuciak und Martina Kušnírová waren erst 27, als sie ermordet wurden. Im Mai dieses Jahres wollten sie heiraten.

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