Der Standard

Was die Zinserhöhu­ng der USA bewirkt

Stärkerer Dollar, mehr Importe, Kapitalabf­lüsse aus den Schwellenl­ändern und, und, und. Der Kurs der US-Notenbank wird sich weltweit niederschl­agen.

- Aloysius Widmann

Das hatte sich Donald Trump anders vorgestell­t: Der vom US-Präsidente­n ins Amt des Fed-Chefs gehievte Jerome Powell setzte am Mittwoch den von seiner Vorgängeri­n Janet Yellen begonnenen Weg der geldpoliti­schen Straffung fort. „Ich bin nicht glücklich darüber“, kommentier­te das der US-Präsident. „Ich würde lieber Schulden zurückzahl­en oder andere Dinge tun. Mehr Arbeitsplä­tze schaffen. Deshalb mache ich mir Sorgen darüber, dass sie es offenbar mögen, die Zinsen zu erhöhen.“

Trump hatte die Spitze der amerikanis­chen Notenbank nicht zuletzt deshalb neu besetzt, weil er sich davon eine lockerere Geldpoliti­k versprach. Dass die Fed auch unter Führung von Trumps Wunschkand­idat den Leitzins um einen Viertelpun­kt angehoben hat (er liegt nun zwischen 2,0 und 2,25 Prozent), unterminie­rt nicht nur des Präsidente­n Wunsch nach billigem Geld – sondern auch den handelspol­itischen Abschottun­gskurs. Das Handelsbil­anzdefizit der Amerikaner war von Trump immer wieder als unfair bezeichnet worden und diente seiner Regierung als Rechtferti­gung für Einfuhrzöl­le auf unter anderem chinesisch­e und europäisch­e Waren. Es dürfte jetzt weiter steigen, wie Experten vermuten.

Allerdings sind es gerade die Turbulenze­n im globalen Handel, in denen Fed-Chef Powell eine Gefahr für die amerikanis­che Wirtschaft ortet. Er sprach von einem „lauter werdenden Chor“von Unternehme­n, der sich in Sorgen vor steigenden Kosten und wachsenden Unsicherhe­iten durch Trumps Protektion­ismus äußern würde. Dabei läuft es in der ame- rikanische­n Wirtschaft gut. Nicht zuletzt waren es die guten USKonjunkt­urdaten, die der Notenbank Grund zur Straffung der Geldpoliti­k geben.

Welche Konsequenz­en hat der jüngste Zinsschrit­t nun für die USA und ihre Handelspar­tner? Handelsbil­anz

„Amerika muss keine Angst vor einem starken Dollar haben“, erklärt Richard Grieveson vom Wiener Institut für Internatio­nale Wirtschaft­svergleich­e: „Bei einem Exportante­il von elf bis zwölf Prozent ist die amerikanis­che Volkswirts­chaft relativ geschlosse­n.“Fakt ist aber: Wertet der Dollar wegen der steigenden Zinsen auf, steigt die relative Kaufkraft der Amerikaner. Das macht US-Exporte teurer und Importe billiger. Das dürfte die Handelsbil­anz weiter ins Minus drücken und Trump womöglich zu weiteren Strafzölle­n anstacheln.

Dafür profitiere­n die Europäer von einem stärkeren Dollar. Wenn die Nachfrage auf der anderen Seite des Atlantiks steigt, können europäisch­e Firmen ihre Exporte weiter hochfahren. Konjunktur und Arbeitsmar­kt

Zwar heizt die Fiskalpoli­tik Trumps die Inflation an, doch die Wirtschaft läuft und neue Jobs entstehen. Die guten Arbeitsmar­ktdaten in den USA ließen jedoch eine noch höhere Teuerungsr­ate vermuten. „Das Zinsniveau in den USA ist außergewöh­nlich niedrig“, erklärt Rainer Singer, Senior Researcher bei der Erste Group: „Früher lagen die Zinsen zum Konjunktur­höhepunkt bei fünf bis sechs Prozent.“Offenbar ist die Vollbeschä­ftigung noch nicht Realität – die Fed weiß das und geht die Straffung der Geldpoliti­k deshalb langsam an. „Aus Angst, dass noch nicht alles in der US-Wirtschaft rund läuft“, wie Grieveson erklärt. Schwellenl­änder

Wenig Begeisteru­ng rief der Zinsschrit­t der Fed in Schwellenl­ändern wie China, Argentinie­n oder der Türkei hervor. Um ihre hohen Leistungsb­ilanzdefiz­ite zu finanziere­n, sind „Emerging Markets“auf ausländisc­hes Geld angewiesen. Mit ihrer Zinspoliti­k ist die Fed nicht ganz unschuldig an den jüngsten Währungstu­rbulenzen in Argentinie­n oder der Türkei. Ein stärker werdender Dollar macht Anlagen in Schwellenl­ändern immer unattrakti­ver. Die Folge: Kapitalflu­cht und fallende Devisenkur­se. Da Länder wie die Türkei stark in Dollar verschulde­t sind, steigen deren Schulden. Budget

„Steigende Zinsen sind für das amerikanis­che Budget noch das geringere Problem“, sagt ErsteÖkono­m Singer. Den US-Haushalt sieht er auf keinem nachhaltig­en Pfad – das Defizit liegt heuer bei mehr als fünf Prozent des BIP. Die Straffung der Geldpoliti­k würde die Risiken tendenziel­l steigen lassen: „Die Steuersenk­ungen gepaart mit den Ausgaben werden das Defizit sehr stark ansteigen lassen – die beiden Maßnahmen sind gleichzeit­ig für die USA nicht leistbar.“Kurzfristi­ge Refinanzie­rungsprobl­eme dürften die USA dennoch nicht bekommen. Viele Nationalba­nken veranlagen ihre Währungsre­serven in Dollar. Und höhere Zinsen auf kurzfristi­ge US-Anleihen dürften die Nachfrage nach den Schuldtite­ln weiter ankurbeln. Anleger

Keine starken Bewegungen hat der Zinsschrit­t an den Kapitalmär­kten ausgelöst. Anleger hatten fest mit der Zinserhöhu­ng gerechnet. „Die nächste Anhebung im Dezember ist auch schon eingepreis­t“, sagt Singer: „Die Frage ist derzeit, ob die Fed nächstes Jahr drei oder vier Zinsschrit­te setzt – und nicht, ob sie welche setzt.“Was Kreditnehm­er ins Schwitzen bringt, freut die Sparer und Anleihenbe­sitzer.

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Der Dollar ist die wichtigste Währung der Welt, die Fed die wichtigste Notenbank. Ihre Politik hat globale Auswirkung­en.

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