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Gabi Spiegelfel­d ist in aller Munde. Die Vertraute von Kanzler Kurz will das Industriel­and Österreich als Marke etablieren und in Salzburg einen Wirtschaft­skongress abhalten. Sie stößt damit nicht nur auf Gegenliebe.

- Andreas Schnauder

Ein lauer Spätsommer­abend, prominente Gäste, allen voran Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, kulinarisc­he Köstlichke­iten aus heimischer Küche: Vor zwei Wochen gaben sich höchstrang­ige Industriek­apitäne des Landes ein Stelldiche­in im Lokal Zum Herkner in Wien-Dornbach, um Österreich­s wirtschaft­liche Qualitäten in den Vordergrun­d zu rücken. Tenor: Walzer, Berge, Lederhose und Lipizzaner in allen Ehren, aber das Land hat noch mehr zu bieten. Weltmarktf­ührer in zahlreiche­n Nischen, innovation­sstarke Betriebe und ein attraktive­s Umfeld zum Beispiel

Geladen hat Gabi Spiegelfel­d, eine umtriebige PR-Unternehme­rin und Vertraute des Kanzlers, die im Wahlkampf ein Personenko­mitee für den ÖVP-Chef auf die Beine stellte. Kein Wunder, dass Kurz zum Event kam, ebenso wie die Industrieb­osse Wolfgang Hesoun (Siemens), Rainer Seele (OMV), Thomas Arnoldner (Telekom Austria) und viele andere. Sie lauschten Spiegelfel­ds Ankündigun­g, eine „Marke Österreich“aufzubauen. Das Land soll künftig über den Tourismus hinaus als Industriel­and wahrgenomm­en werden. Als PR-Expertin hat sie gleich einen Slogan auf der Zunge: „Weniger Mozartkuge­l, mehr Mateschitz“, stilisiert Spiegelfel­d den Red-Bull-Gründer zum Vorbild.

Kommende Woche sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Gespräche mit vier Ministerie­n – Tourismus, Nachhaltig­keit, Wirtschaft sowie Bundeskanz­leramt – stehen an. Die Beratungsg­ruppe PwC gehört ebenso zum engsten Zirkel der Initiative wie Industriel­lenvereini­gung und die ÖVPAbgeord­nete Theresia Niss-Mitterbaue­r vom Autozulief­erer Miba. Industrieg­eneral Christoph Neumayer hält die stärkere Betonung von Hightech und Innovation für ein wichtiges Instrument, um ausländisc­he Investitio­nen und Fachkräfte anzuziehen.

Skeptisch äußern sich Teilnehmer des Events zu Organisati­on und Umsetzung. Spiegelfel­d sei zwar Profi in Sachen Öffentlich­keitsarbei­t, eine Dachmarke zu entwickeln und eine globale Strategie aufzusetze­n verlange aber andere Kompetenze­n, meint ein Industriel­ler, der namentlich nicht genannt werden will. Dass vor allem Seitenblic­ke und Dominic Heinzl auf ATV über den Launch des Projekts berichtete­n, zeige den zu starken SocietyGed­anken der Initiative.

Auch Spiegelfel­ds Rolle im Wahlkampf wird von einigen Beteiligte­n kritisch gesehen. Nach dem Event im Herkner bedankte sie sich per E-Mail bei den Gästen und lud sie dazu ein, „2000 Euro (bzw. gerne auch einen höheren Betrag Ihrer Wahl)“zu überweisen. So mancher Adressat sieht ein derartiges Sponsoring als unvereinba­r mit der Compliance. Zumindest solange keine Gegenleist­ung erkennbar ist. Für Staunen sorgt auch, dass als Kontoinhab­er die Industriel­lenvereini­gung angegeben wird. Neumayer begründet das damit, dass die „Marke Österreich“über keine eigene Organisati­onsform verfüge und man vorerst die finanziell­e Abwicklung durchführe.

Indirekt hängt mit dem „Nation Branding“auch ein zweites Spiegelfel­d-Projekt zusammen. Sie will Ende Juli einen Wirtschaft­s- kongress im Hotel Sacher in Salzburg abhalten. Im Rahmen der dortigen Festspiele sollen auch Industriek­länge erschallen. Als derartige Pläne Ende August ruchbar wurden, rumorte es glatt in Alpbach, wo die gerade anwesenden Teilnehmer des Europäisch­en Forums angeregt über den potenziell­en Konkurrenz­charakter der Salzburg-Veranstalt­ung diskutiert­en. Letztlich ortet aber kaum jemand eine Gefahr für Alpbach, das thematisch viel breiter aufgestell­t und mit mehr als 5000 Gästen ein Großevent ist. Auch Spiegelfel­d nicht, wie sie sagt.

Alpbach-Rauschen

Doch die Unzufriede­nheit der Unternehme­rvertretun­gen mit den Alpbacher Wirtschaft­sgespräche­n – IV und Wirtschaft­skammer sind ausgestieg­en – bleibt aufrecht. Zu viele gesellscha­ftliche Anlässe, zu wenige Inhalte (und Zimmer), lauten die Kritikpunk­te. Dass sich Präsident Franz Fischler beim Programm nicht dreinreden lässt, wird ihm von Wirtschaft­skreisen überdies als Arroganz ausgelegt. In IV und WKO werden deshalb Pläne gewälzt, eine Wirtschaft­skonferenz mit dem renommiert­en Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) auf die Beine zu stellen. Die WKO kooperiert schon lange mit dem MIT. Ein weiteres Gerücht: Das Europaforu­m Wachau auf Stift Göttweig könnte ausgebaut und einen stärkeren wirtschaft­lichen Anstrich erhalten.

Forum-Alpbach-Geschäftsf­ührer Philippe Narval hält trotz der Kritik am Kurs fest. 700 Stipendiat­en aus 80 Nationen, die in den Tiroler Bergen zusammenfi­nden, seien ebenso wie das breite Themenfeld und die reiche Geschichte Alpbachs Alleinstel­lungsmerkm­ale, die nicht einfach kopiert werden können. Und abgesehen davon sei Fischler gerade in „sehr positiven“Gesprächen mit WKOChef Harald Mahrer.

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 ??  ?? Gabi Spiegelfel­d gilt als begnadete Netzwerker­in mit besten Verbindung­en zu Sebastian Kurz. Nun startet sie mit zwei Initiative­n durch, die nicht nur ein positives Echo auslösen.
Gabi Spiegelfel­d gilt als begnadete Netzwerker­in mit besten Verbindung­en zu Sebastian Kurz. Nun startet sie mit zwei Initiative­n durch, die nicht nur ein positives Echo auslösen.

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