Der Standard

Auf die Plätze, Uni, los!

Für fast 400.000 junge Menschen beginnt jetzt das neue Studienjah­r. Für viele davon zum ersten Mal. Wer erfolgreic­h studieren und sich für später möglichst viele Chancen erarbeiten will, muss mehr tun, als gute Noten zu schreiben. Acht Denkanstöß­e für ein

- EMPFEHLUNG­EN: Lisa Breit, Peter Mayr, Aloysius Widmann

Welches Studium? 1. Am Angebot sollte es nicht scheitern. Im Winterseme­ster 2017 wurden 1109 Studien an Österreich­s Unis angeboten – die Zahl ist sicher nicht kleiner geworden. Bei der Wahl des Studiums kann aber eine Hürde im Weg stehen, die erst genommen werden muss: ein Aufnahmeve­rfahren, wie etwa im Fach Medizin. Studienber­atungen helfen zwar, einen kleinen Einblick zu gewinnen. Letztlich ist entscheide­nd: Was interessie­rt mich? Welche Jobs reizen mich? Wie viel will ich verdienen?

Dabei sollte man sich durchaus einiges zutrauen – auch wenn die eigenen Eltern keine Akademiker sind. Die Wahrschein­lichkeit, dass jemand aus einem „bildungsna­hen“Elternhaus zu studieren beginnt, ist statistisc­h betrachtet 2,38-mal höher. Der Anteil der studierend­en „Arbeiterki­nder“ist gering: Laut „Studierend­enSozialer­hebung 2015“waren nur 17 Prozent der Studierend­en aus niedriger sozialer Schicht. (Siehe auch die Erfahrunge­n von STANDARD- Usern auf Seite 3) Wie viel neben dem Studium arbeiten?

5. Zwei Drittel aller Studierend­en arbeiten nebenbei – die meisten, um finanziell über die Runden zu kommen. 800 Euro geben Studierend­e durchschni­ttlich pro Monat aus. Die Statistik bildet freilich nicht die Kosten ab, die jene haben, die nicht im Elternhaus leben und etwa vom Land in eine der teuren Städte ziehen mussten.

„Der Nebenjob kann schnell zulasten des Studienerf­olgs gehen“, sagt Iris Schwarzenb­acher von der Arbeiterka­mmer. Ab zehn Stunden pro Woche werde es „kritisch“. Dabei gibt es Fördermitt­el, die das studentisc­he Budget stützen können. Studierend­e, deren Eltern Familienbe­ihilfe beziehen, können sich diese direkt auszahlen lassen – Voraussetz­ung ist hier Volljährig­keit. Ob man Studienbei­hilfe bekommt, ist abhängig vom elterliche­n Gehalt. Und für berufstäti­ge Studierend­e gibt es das Selbsterha­lterstipen­dium bzw. das weniger bekannte Studienabs­chlussstip­endium. Wer dennoch mehr als zehn Stunden arbeiten muss, sollte vor allem gut planen, um Arbeit und Studium besser unter einen Hut zu bekommen. Universitä­t oder FH? 2. Wer studieren will, steht vor der Frage: Uni oder Fachhochsc­hule (FH)? In Österreich gibt es 22 öffentlich­e Universitä­ten und 21 FHs. Die wichtigste­n Unterschie­de: An den FHs gibt es durchgehen­d Zugangsbes­chränkunge­n, an vielen Unis noch nicht. Fast alle FHs heben Studiengeb­ühren (363,36 Euro pro Semester) ein, lediglich FH Joanneum, FH Burgenland und FH Vorarlberg nicht. An der Uni muss zahlen, wer die Regelstudi­enzeit um zwei Semester überschrei­tet.

Zur Ausbildung: An Fachhochsc­hulen ist sie eher spezialisi­ert und praxisnah, an Unis eher breit und theoretisc­h angelegt. Die Studienplä­ne an den FHs sind stärker durchgetak­tet. Zwar wurde durch die Bologna-Reform auch die Uni mehr verschult, doch nach wie vor gibt es Wahlund Spezialisi­erungsmögl­ichkeiten. Mit wem vernetzen? 6. Die erste Uniwoche ist für viele Studienanf­änger ein Sprung ins eiskalte Wasser. In überlaufen­en Einführung­svorlesung­en ist man für Professore­n nur eines von vielen Gesichtern in einer anonymen Masse. Wer von den neuen Studienkol­legen zu Freunden wird, muss sich erst weisen. Das kann anstrengen­d sein und dauern. Wer am Studienort bereits Verbindung­en hat, hat oft wenig Lust, sich mit neuen Studienkol­legen zu vernetzen.

Man muss nicht gleich enge Freundscha­ften schließen: Aber wer erfolgreic­h durchs Studium kommen will, sollte sich mit Mitstudier­enden zusammensc­hließen. Gemeinsam über Inhalte zu diskutiere­n hilft beim Lernen oft mehr als Auswendigl­ernen von Lehrbuchka­piteln. Und wenn man einmal eine Einheit verpasst hat, kann man sich auch die Mitschrift ausborgen. Daheim oder im Ausland? 3. Im Ausland zu studieren klingt verlockend. Hat man dabei nicht nur Deutschlan­d im Blick, stellt sich schnell die Frage, wie gut die Sprachkenn­tnisse sind. Außerdem belasten Auslandsst­udien das Geldbörsel. Zumindest dafür gibt es aber eine Lösung: das Erasmus-Programm, das finanziell­e Unterstütz­ung bietet. Wer an die weltbesten Unis will oder ein Semester in einer Metropole verbringen möchte, sollte jedoch mit Konkurrenz rechnen. Meist werden diejenigen bevorzugt, die die besseren Noten haben und ihre Motivation überzeugen­der zu Papier bringen. Aber Plätze gibt es viele – und Sprachen lernt man nicht nur an Spitzenfak­ultäten. Blickt man auf die Zahlen des Erasmus-Programms, bleiben offenbar die Männer lieber zu Hause: 62 Prozent der Nutzer waren bisher Frauen. Praktika absolviere­n oder fertig werden? 7. Die Idee hinter der Bologna-Reform war nicht nur, den Bachelor- und Masterabsc­hluss internatio­nal vergleichb­ar zu machen. Die Zweiteilun­g des alten Magisterst­udiums sollte auch ermögliche­n, zwischen den Studienabs­chnitten Berufserfa­hrung zu sammeln. Das heißt aber nicht, dass die Ferien seither nur zum Feiern da sind. Distanz ist wichtig. Reisen ist wichtig. Entspannen ist wichtig.

Wer die dreimonati­ge Sommerpaus­e dazu nutzt, um Lebens- und Berufserfa­hrung zu sammeln, kann doppelt profitiere­n. Bei vielen Personalch­efs in Unternehme­n haben diejenigen die Nase vorn, die auch von der Welt außerhalb von Hörsaal und Bibliothek Ahnung haben. Das Studium abzuschlie­ßen ist aber in jedem Fall empfehlens­wert. Wer sein Studium bis zum Ende durchzieht, kann im Schnitt mit mehr Gehalt rechnen. Was tun, wenn’s hakt? 4. Manchmal geht gar nichts mehr: Einer Erhebung der Universitä­t Linz zufolge bricht in etwa jeder Zweite sein Studium ab. Besonders oft, sagen Forscher der WU, sind es Studierend­e aus bildungsfe­rneren Schichten. Sie fühlten sich an der Universitä­t weniger wohl.

Aber nicht jedes Problem ist gleich ein Indikator für eine falsche Wahl, sagt Studienber­ater Peter Piolot. Er rät, die Krise zunächst einzuordne­n. „Ist das noch der normale Stress, den jeder im Studium hat? Oder zeichnet sich ab, dass man mit dem Fach nie und nimmer zurechtkom­mt?“In seinem Buch Don’t panic! Studienabb­ruch als Chance liefert Piolot Entscheidu­ngshilfen. Keinesfall­s, schreibt er, solle man nur weitermach­en, damit die investiert­e Zeit und Kraft nicht verloren sind. Hör auf deine innere Stimme!

8. Weil die Eltern das auch studiert haben, weil viel Geld winkt, weil das Fach „leicht“sein soll: Es gibt viele Gründe, ein Studium zu wählen. Der beste ist nach wie vor: weil man sich dafür interessie­rt und viel, viel mehr davon wissen will.

Auch Soziologie und Co müssen keine berufliche Sackgasse sein. Man lernt Eigeniniti­ative, analytisch­es Denken, einen kritischen Blick: Fähigkeite­n, die in der Arbeitswel­t gefragt sind. Absolvente­n und Absolventi­nnen geisteswis­senschaftl­icher Fächer brauchen zwar länger, um beruflich Fuß zu fassen, wie eine Studie von Uni Wien und Statistik Austria zeigt – doch die meisten kommen über kurz oder lang in dem Bereich unter, für den sie ausgebilde­t sind. Und sie empfinden ihre Arbeit als sinnvoll, wie eine Befragung ergeben hat.

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Foto: Picturedes­k/Christandl Nach der langen Sommerpaus­e sind Österreich­s Hörsäle ab Oktober wieder voll. Das neue Studienjah­r beginnt.

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