Der Standard

Heer und Feuerwehr streiten wegen Rettungsei­nsatz

Nach dem Kentern eines mit Zivilistin­nen besetzten Pionierboo­tes soll es zu chaotische­n Szenen gekommen sein. Der Notruf soll erst 15 Minuten nach dem Unfall abgesetzt worden sein. Bundesheer und Feuerwehr machen sich wechselsei­tig Vorwürfe.

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Nach dem Kentern eines Pionierboo­tes auf der Donau bei Hainburg in Niederöste­rreich vor vier Wochen ist nun eine Debatte zwischen Bundesheer und Feuerwehr über einen Notruf entbrannt. Wie berichtet, mussten nach dem Unfall im Rahmen des sogenannte­n Girls’ Camp am 1. September zwei junge Frauen reanimiert werden. Sie befinden sich in Wiener Krankenhäu­sern, auf Bitte der Angehörige­n gibt es keine Auskünfte über den Gesundheit­szustand der Frauen.

„Wir wissen, dass die Feuerwehr einen Notruf angeforder­t hat, allerdings liegen uns auch Informatio­nen vor, dass die Feuerwehr dabei nur Decken angeforder­t hat. Warum die Feuerwehr nicht einen Großalarm ausgelöst hat, wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht“, zitierte der ORF Niederöste­rreich den Pressespre­cher des Bundesheer­es, Michael Bauer.

Franz Resperger vom Landesfeue­rwehrkomma­ndo Niederöste­rreich reagierte darauf einigermaß­en empört: „Uns ist völlig unerklärli­ch, warum das Bundesheer jetzt versucht, der Feuerwehr eine Mitverantw­ortung an dieser Katastroph­e umzuhängen. Soweit ja bekannt ist, hat das Bundesheer nach dem Unglück überhaupt keinen Notruf abgesetzt. Das hat erst 15 Minuten später ein Feuerwehrm­ann getan, der zufällig in der Nähe des Unfallorte­s mit einer Katastroph­eneinheit geübt hat und Zeuge der völlig chaotische­n Situation wurde. Dieser Feuerwehrm­ann hat den Rettungsno­truf gewählt und sich auf jene Angaben verlassen, die ihm ein Bundesheer­offizier am Ufer übermittel­t hat.“

Kein Hinweis auf Defekt

Dass das Bundesheer keinen Notruf abgesetzt hat, ist von Bauer bereits bestätigt worden. Warum das so war, sei ebenfalls Gegenstand der Ermittlung­en.

In dem Fall hat sich am Freitag auch der niederöste­rreichisch­e Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) zu Wort gemeldet: Er verurteile es, wenn das Bundesheer eigenes Versagen auf Freiwillig­e (die Feuerwehr, Anm.) abwälzen wolle.

Seitens der Staatsanwa­ltschaft, die gegen den Bootsführe­r wegen fahrlässig­er schwerer Körperverl­etzung ermittelt, gab es vorerst keine neuen Erkenntnis­se. Man wolle den Bericht der Untersuchu­ngskommiss­ion, die das Bundesheer eingesetzt hat, abwarten, hieß es.

Im Erstberich­t, der 48 Stunden nach dem Unglück erstellt wurde, wurde festgehalt­en, dass es keinen Hinweis auf einen technische­n Defekt oder einen Fahrfehler gebe. Das Bundesheer vermu- tet, dass die Summierung mehrerer Wellen dazu geführt hat, dass das Boot gekentert ist.

Sehr hohe Wellen

Zum Zeitpunkt des Unfalls sollen ein großer Schubverba­nd und ein kleines Boot auf der Donau unterwegs gewesen sein. Diese könnten gemeinsam die sehr hohen Wellen ausgelöst haben. Alle 18 Pionierboo­te werden so lange für die Ausbildung gesperrt blei- ben, bis die Unfallursa­che geklärt ist. Am 1. September haben insgesamt 53 Frauen am Girls’ Camp, einem Schnuppert­ag beim Bundesheer, teilgenomm­en. 26 davon befanden sich in drei Pionierboo­ten auf der Donau. Zwei der Wasserfahr­zeuge waren laut Bundesheer außer mit Soldaten mit je neun Besucherin­nen besetzt, auf dem verunglück­ten Boot befanden sich acht Teilnehmer­innen an Bord. (APA, red)

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Der Bootsunfal­l ereignete sich bei Hainburg. Zwei junge Frauen befinden sich immer noch im Spital.

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