Der Standard

Bittere Kino-Erinnerung­en

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Wien – Laut der jetzigen Inhaberin Michaela Englert ist das Admiral-Kino zwar nicht der älteste Filmtempel in Wien – aber jener, dessen „Originalzu­stand am besten erhalten ist“. 1913 in der Burggasse 119 im siebenten Bezirk, dem damaligen Zentrum der Wiener Filmbranch­e, eröffnet, überstand es die vergangene­n 105 Jahre architekto­nisch ohne Brüche.

Anders seine Besitzer – und hier vor allem jene, die das Lichtspiel­theater mit seinem kleinen Foyer und dem einzigen Vorführrau­m zwischen 1926 und 1938 ihr Eigen nannten. Die jüdische Familie Ebner, die im selben Haus wohnte, wurde nach der Machtübern­ahme der Nationalso­zialisten enteignet. Margarethe und Ludwig Ebner gelang die Flucht nach London, das NSDAP-Mitglied Alois Dworsky nahm ihre Stelle ein. Nach dem Krieg wurde das Kino den Ebners restituier­t. Sie verkauften es.

Nun, 80 Jahre nach der Existenzve­rnichtung, kehrten die Ebners mit ihren Namen in die Burggasse 119 zurück. Am Donnerstag wurde vor dem Hauseingan­g ein Stein der Erinnerung an sie gesetzt. Anwesend waren neben Bezirksvor­steher Markus Reiter (Grüne) auch der aus London angereiste Sohn der aus Österreich Vertrieben­en und seine drei Kinder.

Mit ihnen ist Englert, die das Admiral heute als Programmki­no betreibt, seit 2007 in Kontakt. In der Enkelgener­ation ist das Interesse an den früheren Ereignisse­n stark. So hat etwa eine Enkelin, die Journalist­in Sarah Ebner, 2011 in der Times einen langen Artikel über die Geschichte des Kinos und ihrer Familie verfasst. (bri)

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