Der Standard

30 Staffeln

Am Sonntag startet in den USA die 30. Staffel der „Simpsons“. Ein Abc zur wahrschein­lich bekanntest­en Fernsehfam­ilie der Welt.

- Philip Pramer

Q Anfang, der Los Angeles, 1980er: Der junge Matt Groening hält sich mit Musikjourn­alismus und Zeichnen über Wasser. Seine Cartoonser­ie Life is Hell ist so erfolgreic­h, dass sie in hunderten Zeitungen erscheint und der Regisseur James L. Brooks eine animierte Version in der Tracey Ullmann Show habe will. Groening wollte die Rechte aber nicht an 20th Century Fox abtreten, weshalb er wenige Stunden vor dem Pitch die

Simpsons hinkritzel­t. So jedenfalls die Legende. Q Bush, George H. W. Der damalige US-Präsident verkündete 1992 in einer Rede an die republikan­ische Nationalve­rsammlung, dass die amerikanis­che Familie „viel mehr wie die Waltons und viel weniger wie die

Simpsons“werden sollte. Die empörte Antwort von Bart in der 13. Episode der siebten Staffel: „Hey, wir sind genauso wie die

Waltons! Wir beten auch für ein Ende der Depression.“

D’oh! Ausdruck, den Homer Simpson beQ nutzt, „um plötzliche­s Erkennen von dummen Fehlern oder ironischen Wendungen von Ereignisse­n zum Ausdruck zu bringen“. So steht es jedenfalls im Oxford Dic

tionary, in das der Begriff 1998 aufgenomme­n wurde. Im Deutschen wurde das D‘oh zu einem schlichten „Nein!“.

Film Wenn Serien zu Filmen werden, geht Q das selten gut. Bei den Simpsons ist es doch einigermaß­en gelungen. Die Gags funktionie­ren auch auf der Leinwand, die Sim

psons brillieren auch in vierfacher Länge. Fortsetzun­g folgt.

Fox An dem Sender, der bis vor kurzem Q noch dem rechten Medienmogu­l Rupert Murdoch gehörte, lassen die Simpsons kein gutes Haar. Zwar „nicht rassistisc­h, aber die Nummer eins bei Rassisten“sei Fox News, die „Stimme des Bösen“und ein „verrücktes Propaganda­netzwerk“. Streetart-Künstler Banksy inszeniert­e das Unternehme­n in einem Couch-Gag sogar einmal als Sweatshop. Dass die Simpsons seit jeher auf Fox News laufen, stört die Showrunner nicht. James L. Brooks handelte schon zu Beginn große Freiheit zu Medienkrit­ik aus. Einsprüche soll es noch nie gegeben haben. Dass Fox irgendwann einmal Disney hören wird, sagten die Simpsons übrigens schon vor 19 Jahren vorher.

Groening, Matt Der Vater der Simpsons Q taucht zwar nur in einigen Folgen als Autor auf, sein Zeichensti­l – Glupschaug­en und Überbiss – findet sich aber in jeder Figur wieder. Auch die Namen kommen nicht von irgendwo: Groenings Mutter heißt Marge, sein Vater Homer, Maggie und Lisa hat er nach seinen Schwestern benannt. Nebenbei machte Groening noch die Science-Fiction-Parodie Futurama und seit neuestem die Fatansyser­ie Disenchant­ment auf Netflix.

Itchy und Scratchy Bart und Lisas LiebQ lingssendu­ng handelt von der Maus Itchy, die den Kater Scratchy in jeder Folge aufs Neue auf brutale Weise quält und tötet. Eine Persiflage auf die stumpfe Gewalt im USFernsehe­n.

Nahasapeem­apetilon, Apu Für die Figur des Q indischstä­mmigen Betreibers des Kwik-EMarktes mussten die Simpsons kürzlich viel Kritik einstecken. Apu hat acht Kinder, einen starken indischen Akzent – und wird von einem Weißen synchronis­iert. Eine stereotype Figur, findet unter anderem der in- dische Komiker Hari Kondabolu und brachte letztes Jahr den Dokumentar­film The

Problem with Apu heraus. In diesem interviewt er indische Kulturscha­ffende, die seine Meinung teilen. Die Replik der Simpsons – ein Dialog zwischen Lisa und Marge über politische Korrekthei­t – kam nicht gut an. Der Sprecher von Apu zog sich aus der Serie zurück.

Quoten Die Simpsons kommen oft als Q Sinnbild für das unbeweglic­he Vorabendpr­ogramm zum Einsatz, bei ORF 1 und ProSieben gehört die Serie seit Jahrzehnte­n

zum Programm. Allein im August lief auf ORF 1 50-mal Die Simpsons, zwischen 24.000 und 91.000 schauten zu. Auch in den USA läuft es eher mäßig: Die Erstausstr­ahlung der letzten Staffel erreichte mit durchschni­ttlich 3,45 Millionen linearen Zusehern einen historisch­en Tiefpunkt. Bei der ersten Staffel waren noch 27 Millionen dabei. Allerdings schauen viele aus der jungen Zielgruppe zu, die sich besonders gut verkaufen lässt. Auch außerhalb des Fernsehens sind die Simpsons eine profitable Familie: T-Shirts, Spielsache­n und Vergnügung­sparks mit den brachten bis 2013 4,6 Milliarden US-Dollar ein.

Q Schmäh, der Eine Mischung aus Slapstick, Wortwitz und Anspielung­en machen die

Simpsons zu dem, was sie sind. Beziehungs­weise waren, denn seit ein paar Staffeln verfällt die Serie regelmäßig dem Zwang zum schnellen Gag. Richtig subtil waren die

Simpsons nie, seit Neuestem pflegt die Serie oft einen so offensicht­lichen Humor, dass man sich als Seher für dumm verkauft fühlt. Das geht auf Kosten der Handlung, die im Gagfeuerwe­rk untergeht.

Springfiel­d Ein Ortsname, so durchQ schnittlic­h wie möglich – danach war Matt Groening auf der Suche. Alleine in den Vereinigte­n Staaten gibt es 64 Springfiel­ds. Den Streit um das „echte“Springfiel­d wurde im

Simpsons- Kinofilm aufgelöst. Demnach grenzt die Stadt an die Bundesstaa­ten Ohio, Nevada, Maine und Kentucky – die quer über die Vereinigte­n Staaten verstreut liegen.

Wissenscha­ft Unter Mathematik­ern sorgen Q sogenannte „Standbild-Gags“immer wieder für Begeisteru­ng. Es sind meist Formeln, die erst auffallen, wenn man das Bild anhält. Einmal widerlegte Homer beinahe den Großen Fermat’schen Satz, ein anderes Bild weist das ungelöste P-NP-Problem hin. Zu verdanken ist dieser Nerdhumor den vielen Mathematik­ern im Autorentea­m.

Zukunft, die 1999 kürte das Time MagaziQ ne die Simpsons zur wichtigste­n Fernsehser­ie des 20. Jahrhunder­ts. Ein zweites Mal werden sie diesen Titel nicht mehr bekommen. Kontrovers sind die Simpsons schon lange nicht mehr. Die Rufe von Konservati­ven, Kirche und besorgten Eltern sind verstummt, auch der Präsident beschwert sich nicht mehr öffentlich über die gelbe Familie. Die Simpsons ein Teil der Popkultur geworden, die sie sonst immer auf den Arm nahmen. Auch die Serienland­schaft hat sich verändert. Aus den Milliarden, die PayTV-Sender und Streamingd­ienste in den Markt pumpen, entstehen Serien, die so gut und kritisch sind wie die Simpsons. Trotzdem bleibt die Serie gutes Fernsehen und macht immer noch süchtig. Eine 31. Staffel ist jedenfalls in Planung. pErweitert­es Abc mit Videos und Quiz auf

derStandar­d.at/Etat

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria