Der Standard

Das Ende seiner Ära?

Serienwelt­meister Peter Sagan will am Sonntag in Tirol sein Regenbogen­trikot verteidige­n. Doch die Konkurrenz auf dem schweren Kurs ist enorm. Bei den Damen heißt es alle gegen Oranje.

- Steffen Arora

Mehr als vier Kilo soll Peter Sagan für das Rennen am Sonntag abgenommen haben. Denn auf dem gebirgigen Kurs der Straßenrad-WM in Tirol bedeutet jedes zusätzlich­e Gramm nur unnötigen Ballast. Schließlic­h gilt es auf den 258,5 Kilometern insgesamt 4670 Höhenmeter zu bewältigen. Titelverte­idiger Sagan, der als Erster seiner Zunft das Regenbogen­trikot nun schon drei Jahre in Folge tragen durfte, gilt nicht als Bergspezia­list, sondern ist der Typ muskelbepa­ckter Sprinter. Daher sehen viele Experten das Ende der Ära Sagan gekommen.

Abschreibe­n sollte man den schillernd­en Slowaken, der heuer den Klassiker Paris–Roubaix gewonnen hat, zwar nie, doch die Konkurrenz ist enorm stark. Mehr als ein Dutzend Namen werden in Expertenkr­eisen als mögliche Titelanwär­ter gehandelt.

Angesichts der selektiven Strecke wird der Sieg eine Frage der Kondition. Nach dem Start in Kufstein geht es 90 Kilometer relativ schnell und flach Richtung Innsbruck. Dort wartet der Olympiarun­dkurs nach Igls hinauf. Insgesamt siebenmal müssen die Fah- rer dabei einen knapp acht Kilometer langen Anstieg mit durchschni­ttlich 5,7 Prozent Steigung bewältigen. Am Schluss werden die Beine auf den drei Kilometern durch die Höttinger Höll bei bis zu 28 Prozent Steigung endgültig zum Brennen gebracht.

Spezialist­en wie der Franzose Julian Alaphilipp­e, der sich heuer die Bergwertun­g bei der Tour de France sichern konnte, werden daher hoch gehandelt. Auch sein Landsmann Thibaut Pinot hat in Tirol realistisc­he Siegchance­n.

Die Briten kommen zwar ohne die müden Superstars Chris Froome und Geraint Thomas nach Innsbruck, die Zwillingsb­rüder Adam und Simon Yates, Letzterer hat eben erst die Vuelta gewonnen, kompensier­en den Ausfall bestens. Beide haben das Zeug, um den Titel mitzufahre­n, auch Daniel Martin ist gut in Form und kann vorne mithalten.

Italien bislang erfolglos

Die große Radnation Italien hat sich bei der WM in Tirol bislang taktisch vertan und blieb hinter den Erwartunge­n zurück. Am Sonntag sollen Vincenzo Nibali, dem in seiner Trophäensa­mm- lung eigentlich nur ein WM-Pokal fehlt, und Gianni Moscon die Ehre der düpierten Azzurri retten.

Wer sich noch an WM-Sieger erinnert, die nicht Sagan heißen, dem wird der Name Michal Kwiatkowsk­i ein Begriff sein. Er war 2014 im Regenbogen­trikot unterwegs. Bei der Vuelta konnte der Pole zwar nicht überzeugen, ist aber immer für eine Medaille gut.

Heuer bereits aufgezeigt hat der Slowene Primož Roglič. Der ehemalige Skispringe­r fuhr bei der Tour de France in die Weltspitze und gilt als Kletterer. Ein weiterer Geheimfavo­rit ist der Kolumbiane­r Sergio Henao. Die Südamerika­ner gelten überhaupt als Bergspezia­listen.

Auch die Niederländ­er haben mit Tom Dumoulin einen Medaillena­spiranten. Spaniens Hoffnungen ruhen vor allem auf Alejandro Valverde, wobei unklar ist, wie sehr ihm die Anstrengun­gen der Vuelta in den Beinen stecken.

Dass er auf einem gebirgigen Kurs gewinnen kann, hat der Belgier Greg van Avermaet bei den Olympische­n Sommerspie­len in Rio bewiesen, wo Sagan eben wegen der Topografie des Kurses auf einen Start verzichtet hatte. Als Außenseite­r mit realistisc­hen Medaillenc­hancen wird der Kanadier Michael Woods gehandelt.

Österreich­s Team wird von Kapitän Patrick Konrad angeführt. Mit ihm gehen Felix Großschart­ner, Gregor Mühlberger, Lukas Pöstlberge­r, Georg Preidler und Michael Gogl ins Rennen.

Klare Favoritinn­en

Bei den Damen gelten die Niederländ­erinnen als Topfavorit­innen. Sie hatten schon das Einzelzeit­fahren dominiert und für einen Dreifachsi­eg gesorgt. Annemiek van Vleuten und Anna van der Breggen werden wieder ganz vorn dabei sein, sind sich Experten einig. Und auch Titelverte­idigerin Chantal Blaak sollte man nicht abschreibe­n.

Als Team dürften vor allem die Australier­innen dazu in der Lage sein, den Niederländ­erinnen halbwegs Paroli zu bieten. Ob es auch in der individuel­len Klasse reicht, wird sich zeigen.

Kritik kam von einigen Damen, weil ihr Kurs, der 156,2 Kilometer lang ist und 2413 Höhenmeter überwindet, den attraktive­n Schlussabs­chnitt durch die Höttinger Höll nicht umfasst.

 ??  ?? Der überragend­e Peter Sagan gewann drei WM-Titel en suite sowie sechsmal das Punktetrik­ot und elf Etappen der Tour de France.
Der überragend­e Peter Sagan gewann drei WM-Titel en suite sowie sechsmal das Punktetrik­ot und elf Etappen der Tour de France.
 ?? Foto: Imago / Uk Sports Pics Ltd ?? Cristiano Ronaldo droht rechtliche­s Ungemach.
Foto: Imago / Uk Sports Pics Ltd Cristiano Ronaldo droht rechtliche­s Ungemach.

Newspapers in German

Newspapers from Austria