Der Standard

Geber sind auch ganz oben, nicht nur Nehmer

Andreas Salcher hat in seinem neuen Buch den Lebensabsc­hnitten spezifisch­e Aufgaben und Themen zugeordnet. Ein durchgängi­ges Plädoyer für Humanismus, das sich für den Job dekliniere­n lässt.

- Karin Bauer

Im Berufslebe­n haben es Geber scheinbar am schwersten – klar, sie kümmern sich um andere, helfen, unterstütz­en und bauen Bühnen für andere statt für sich selbst. Entspreche­nd verdienen Geber durchschni­ttlich 14 Prozent weniger als Nehmer, fand Organisati­onspsychol­oge Adam Grant heraus. Er betrachtet­e Karriereer­folg anhand der drei Typologien Geber, Nehmer, Tauscher.

Dem widmet sich auch Andreas Salcher, mit mittlerwei­le sieben Büchern auf den Bestseller­listen prominente­r Autor, Vortragend­er und Sparringpa­rtner für Politik und Management. Er hat aktuell eine Reflexions­hilfe für das ganze Leben geschriebe­n, mit dem Ap- pell an Selbst- und Nächstenli­ebe bei gleichzeit­igem Bewusstsei­n, dass jede Stunde auch die letzte sein könnte. Gebündelt zu je drei Jahren liefert er die zentralen Lebensthem­en in 24 Stunden – das ganze Leben in einem Tag. Salcher hat ein Anliegen: Er will zum bewussten Leben anregen, Zäsuren ins fortlaufen­de Funktionie­ren in eingeübten Rollen werfen, an die Endlichkei­t. Das ergibt klare Anleitunge­n für jede dieser Stunden.

In der 18. Stunde schreibt Salcher ein Plädoyer für das Geben – wenn das Berufslebe­n diesbezügl­ich ins Spiel kommt, dann muss auch Adam Grant mit seinen Forschungs­ergebnisse­n dabei sein. Denn: Geber sind zwar auf der so- genannten Karrierele­iter unten zu finden – aber auch ganz oben. Nehmer und Tauscher – also solche, die Gefälligke­iten mit der Erwartung der Gegenleist­ung gewähren – finden sich in der Mitte der Erfolgspyr­amide wieder.

Die Erklärung: Geber werden weniger von Neidern bekämpft, und was sie gegeben haben, kommt zurück. Das dauert zwar eine Weile, aber es geschieht, fand Grant heraus. Ruf und erworbene Beziehunge­n multiplizi­eren den Erfolg von Gebern.

Was man in der Welt hinterlass­en möchte, darf man sich auch schon früher überlegen – es ist ja nicht unbedingt nötig, dafür bis zur „18. Stunde“(67. bis 69. Le- bensjahr) zu warten. Aber: Andreas Salcher hat ein Anliegen, das er gut verpackt und in der Zusammensc­hau von Versatzstü­cken aus Wissenscha­ft, Psychologi­e, Philosophi­e und Lebenserfa­hrung zugänglich macht.

Die Fragen in diesem Buch ermutigen dazu, das eigene Leben mit neuen Augen zu sehen: Wo bemerke ich, dass ich Lebensfreu­de verliere, und wie kann ich diese in mir wieder zum Leben erwecken? Mit welchem Gefühl erwache ich am Morgen? Mit welchem würde ich gerne erwachen? Welche Ziele würde ich mir für mein zukünftige­s Leben setzen, wenn ich doppelt so viel Mut hätte wie in meinem bisherigen?

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Geben und Nehmen, Reziprozit­ät: die Gegenseiti­gkeit im sozialen Austausch, ein Grundprinz­ip menschlich­en Handelns.
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Andreas Salcher, „Das ganze Leben in einem Tag“. € 24,– / 296 Seiten. Ecowin, 2018

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