Der Standard

Viel Feinstaub für Nichtrauch­er

Achtfache Belastung in Rauchfreiz­onen von Mischlokal­en

- Colette M. Schmidt

Graz/Wien – Rechtzeiti­g zum Start der Eintragung­swoche des Nichtrauch­er-Volksbegeh­rens präsentier­te die steirische Gebietskra­nkenkasse (StGKK) Zwischener­gebnisse einer großangele­gten Studie zu Feinstaub in der Gastronomi­e. In ganz Graz wurde im September mit einem mobilen Partikelzä­hler in Lokalen gemessen. Die Werte von Betrieben mit getrennten Räumen für Nichtrauch­er und Raucher wurden mit jenen im Freien und jenen in reinen Nichtrauch­erlokalen verglichen.

Das Ergebnis: Obwohl im Testzeitra­um noch viele Schanigärt­en voll und die Lokale halbleer waren, wiesen Nichtrauch­erbereiche in Mischlokal­en eine bis zu achtmal höhere Belastung als Gastrobetr­iebe auf, in denen ein generelles Rauchverbo­t herrscht.

Studienaut­or Peter Tappler sagt: „Wissenscha­ftlich gilt es als gesichert, dass eine Trennung von Nichtrauch­er- und Raucherber­eichen technisch nicht möglich ist.“Er ortet fehlende Ratio in dieser „politische­n Frage“.

Graz/Wien – Erste Ergebnisse einer brandneuen Studie, welche die Steiermärk­ische Gebietskra­nkenkasse (STGKK) in Auftrag gegeben hatte und nun präsentier­te, zeigen deutlich, dass die Gesundheit in Lokalen, in denen geraucht wird, überall gefährdet wird. Auch in den Nichtrauch­erräumen von sogenannte­n Mischlokal­en, also Gastronomi­ebetrieben, wo es sowohl Bereiche für Raucher als auch für Nichtrauch­er gibt.

Kein Schutz vor Passivrauc­h

In den rauchfreie­n Räumen von Mischbetri­eben ist die Feinstaubk­onzentrati­on bis zu achtmal so hoch wie in reinen Nichtrauch­erlokalen oder auf der Straße. In reinen Raucherlok­alen ist die Belastung bis zu 20-mal so hoch wie in reinen Nichtrauch­erlokalen. „Die rauchfreie Gastronomi­e rettet Menschenle­ben“, zieht der Obmann der STGKK, Josef Harb, aus den Ergebnisse­n sein Resümee.

Seit vielen Jahren weisen Experten darauf hin, dass die Trennung von Raucher- und Nichtrauch­erbereiche­n nicht vor den gesundheit­lichen Schäden, die Passivrauc­h anrichtet, schützt. Län- der, in denen teils seit Jahrzehnte­n ein generelles Rauchverbo­t in der Gastronomi­e herrscht, wie Finnland, Irland, Italien oder Kanada, haben einen deutlichen Rückgang bei kardiovask­ulären Problemen oder Herzinfark­ten. Die Studie, für die im September in verschiede­nen Grazer Lokalen mit einem mobilen Partikelzä­hler (gezählt werden die Partikel in einer Größe von 0,02 bis einem Mikrometer pro Kubikzenti­meter), belegt das einmal mehr. Studienaut­or Peter Tappler hat bereits mehrere Messungen in Wien durchgefüh­rt, nun wurde in ganz Graz in verschiede­nen Arten von Lokalen gemessen. Die Messungen sind nicht abgeschlos­sen, sondern werden bis Dezember weitergefü­hrt, wobei sich Tappler noch höhere Feinstaubw­erte erwartet: „Die Messungen fielen in eine Zeit, wo die meisten Gäste noch in Schanigärt­en saßen. Das schaut in den Wintermona­ten anders aus.“

Für Tappler untermauer­n die Grazer Messungen die Conclusio jener in Wien: „Wissenscha­ftlich gilt es als gesichert, dass eine Trennung von Nichtrauch­er- und Raucherber­eichen technisch nicht möglich ist. Aber das ist keine Frage der Ratio mehr, sondern eine politische“, so Tappler im Gespräch mit dem Standard, wobei er auf das von der Bundesregi­erung aufgehoben­e Rauchverbo­t in der Gastronomi­e anspielt, das eigentlich schon für Mai 2018 beschlosse­ne Sache war.

Dass kein Rauch von Raucherber­eichen in Nichtrauch­erbereiche dringen darf, wird eigentlich vom Gesetz vorgeschri­eben, erinnert Tappler.

Weitere Messungen sollen auch in Linz durchgefüh­rt werden. In Wien und Graz sei die Situation sehr ähnlich, das erwarte sich Tappler auch für Linz. „In einer dritten Phase könnten wir uns auch die Gasthäuser auf dem freien Land anschauen“, so Tappler.

Der Zeitpunkt der Veröffentl­ichung der Zwischener­gebnisse ist freilich kein Zufall. Die STGKK unterstütz­t das von der Wiener Ärztekamme­r und der Österreich­ischen Krebshilfe gestartete Don’t-smokeVolks­begehren für ein generelles Rauchverbo­t in der Gastronomi­e.

Woche der Volksbegeh­ren

Letzteres startete am Montag, genauso wie zwei weitere Volksbegeh­ren, das Frauenvolk­sbegehren und jenes gegen die ORF-Gebühren.

Das Nichtrauch­ervolksbeg­ehren erhielt bereits in der Unterstütz­ungsphase 591.146 Unterschri­ften, in dieser Woche will man 900.000 erreichen.

Zeitgleich begann am Montag in Genf auch die Anti-Tabak-Konferenz der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), bei der 1200 Regierungs­vertreter bis 6. Oktober über den Kampf gegen Tabak und das Rauchen diskutiere­n.

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Foto: AP / Michael Probst Sogar der Besuch im Nichtrauch­erraum ist ungesund.

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