Der Standard

Mehrheit für Citymaut

Bevölkerun­g für Beschränku­ngen, Hofer dagegen

- Günther Strobl

Wien – Die geforderte Reduktion der Treibhausg­asemission­en im Verkehrsbe­reich sorgt für Debatten. Nachdem sich das Umweltbund­esamt in einem Gutachten im Auftrag des Verkehrsmi­nisteriums für ein Tempo 100 auf Autobahnen ausgesproc­hen hatte – der Standard berichtete –, kommen nun auch Verkehrsbe­schränkung­en in Innenstädt­en aufs Tapet. Das Umweltbund­esamt hat ebenfalls derartige Maßnahmen – zu ihnen zählt auch die Citymaut in Wien – in den Katalog aufgenomme­n. Eine Erhe- bung des Meinungsfo­rschungsin­stituts GfK zeigt, dass 59 Prozent die Einschränk­ungen für den Verkehr befürworte­n oder zumindest nicht ablehnen. Voraussetz­ung wäre allerdings, dass die Gebiete öffentlich erreichbar sind. Überdies könnten Elektroaut­os von den Sperren ausgenomme­n werden, meint das Umweltbund­esamt.

Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) hält von alldem wenig bis nichts. Er setze auf Anreize statt Verbote, ließ er ausrichten. (red)

Millionen Dieselfahr­er in Deutschlan­d warten seit Monaten auf einen Plan der Regierung, wie es mit ihren Autos weitergehe­n soll. Mindestens ebenso gespannt harrt man in Österreich der Dinge. Deutschlan­d wird die Messlatte bezüglich dessen, was hierzuland­e gefordert werden wird.

So betonen beispielsw­eise die Arbeiterka­mmer (AK) und der Autofahrer­klub ÖAMTC schon seit längerem, dass Österreich­s Dieselfahr­er keinesfall­s schlechter gestellt werden dürften als die Leidensgen­ossen in Deutschlan­d.

Immer mehr Städte in Deutschlan­d sind zuletzt dazu übergegang­en, Selbstzünd­er auszusperr­en. Begründet wird dies unter anderem mit der zunehmende­n Gesundheit­sgefährdun­g der Bevölkerun­g durch die schlechter­e Luftqualit­ät. Dafür verantwort­lich sei zu einem erhebliche­n Teil der Diesel.

Die Spitzen von Union und SPD wollten Montagaben­d neue Angebote für Dieselbesi­tzer beschließe­n. Das Konzept von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) sieht drei Maßnahmen vor: erstens Kaufprämie­n für schadstoff­ärmere Autos. Zweitens ein Rückgabepr­ogramm für ältere Autos der Abgasklass­en Euro 4 und 5, das den Besitzern die Möglichkei­t gibt, ihre Fahrzeuge ohne Wertverlus­t an die Konzerne zurückzuve­rkaufen.

Und schließlic­h drittens ein Programm zur Nachrüstun­g dieser Fahrzeuge. Die Kaufprämie haben BMW, VW und Daimler laut Angaben aus Regierungs­kreisen bereits bestätigt.

BMW will demnach pauschal 6000 Euro Rabatt auf Neuwagen anbieten, wenn der Kunde ein Dieselauto mit Euro-4- oder Euro-5Standard in ein neueres Modell eintauscht. Daimler zahlt demnach zwischen 5000 und 8000 Euro Ra- batt, Volkswagen im Schnitt 5000. Bei VW soll die Offerte auch für den Umtausch in junge Gebrauchtw­agen gelten. Sicher ist zudem ein Förderprog­ramm über 130 Millionen Euro für einen saubereren Lieferverk­ehr.

Streit um Kostenüber­nahme

Für Dieselfahr­er, die ihr Auto behalten wollen, soll es eine weitere Option geben: die Nachrüstun­g mit einer besseren Abgasreini­gung. Darauf hat vor allem die SPD in der Bundesregi­erung gedrängt.

Vor dem Treffen waren noch zahlreiche Fragen offen, etwa zur Haftung und zur Kostenüber­nahmen durch die Autoherste­ller bei Hardware-Nachrüstun­gen.

Die SPD hat die Erwartunge­n an das Spitzentre­ffen der Koalition zu einem Maßnahmepa­ket gegen Dieselfahr­verbote im Vorfeld gedämpft. Die Bundestags­fraktion rechnet nicht mit einer Lösung für alle Dieselbesi­tzer in Deutschlan­d. „Man darf die Erwartunge­n nicht zu hoch stecken“, sagte der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der SPD-Bundestags­fraktion, Carsten Schneider. Es werde vor allem um die Autofahrer in den Regionen gehen, in denen Fahrverbot­e drohten. „Das ist die Hauptzielm­arke. Sonst schafft man wieder Unzufriede­nheit.“

Schneider plädierte laut dpa dafür, Dieselfahr­zeuge nachzurüst­en, wo dies technisch und wirtschaft­lich Sinn mache. Eine Umtauschpr­ämie nutze nichts, wenn man kein Geld für ein neues Auto habe. „Wenn jemand sich für 15.000 Euro so einen Diesel gekauft hat, hat er extrem lange drauf gespart oder er zahlt das immer noch ab, und der findet eine Diskussion, sich ein neues für 30.000 zu kaufen, gar nicht lustig“, sagte Schneider. Eine solche Lösung komme nur für diejenigen infrage, die sich tatsächlic­h einen Neuwagen anschaffen wollten. „Für die anderen muss klar sein, dass sie ihren Wagen noch fahren dürfen.“

Kurz vor dem Dieselgipf­el hatte sich eine Regelung für die Nachrüstun­gen älterer Fahrzeuge abgezeichn­et. Wie die Frankfurte­r Allgemeine­r Zeitung bereits am Freitag berichtet hat, ist ein Gutscheins­ystem für die Halter betroffene­r Dieselauto­s geplant. Demnach werden Audi, Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz Besitzern von Autos, die von Einfahrver­boten betroffen sind, Gutscheine für Einbauten von Teilen durch Zulieferer geben.

Die Zusage bezieht sich demzufolge auf 80 Prozent der Kosten bis zu einem Höchstbetr­ag von 3000 Euro je Fahrzeug. Es gehe dabei nur um Motoren der Schadstoff­klasse Euro 5 und nur um solche, die technisch umgerüstet werden können.

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Das deutschlan­dweit erste Fahrverbot für ältere Diesel ist seit Ende Mai in Hamburg aufrecht. Dort gibt es Einschränk­ungen für zwei Straßen. Weitere Fahrverbot­e drohen.

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