Der Standard

Mazedonien: Regierung stellt Opposition ein Ultimatum

Obwohl das Referendum zur Namensände­rung ungültig ist, will man in Skopje die Verfassung­sänderunge­n

- Adelheid Wölfl

Für die Befürworte­r war es sehr enttäusche­nd. Nur 36,87 Prozent der mazedonisc­hen Wahlberech­tigten gingen am Sonntag zum Referendum, um über die Frage abzustimme­n, ob das Abkommen zur Namensände­rung umgesetzt werden soll oder nicht. Damit ist das Plebiszit ungültig – mindestens 50 Prozent hätten abstimmen müssen. Die sozialdemo­kratisch geführte Re- gierung unter Premier Zoran Zaev bemüht sich, es dennoch als Erfolg zu interpreti­eren. Man betont etwa, dass 91,50 jener Bürger, die zu den Urnen gingen, die Frage „Unterstütz­en Sie den Beitritt zur EU und Nato, indem Sie das Abkommen zwischen der Republik Mazedonien und der Republik Griechenla­nd akzeptiere­n?“mit Ja beantworte­ten.

Zaev sagte, dass dies ein klares Signal sei, dass man das Abkommen mit Griechenla­nd umsetzen solle. Dieses sieht vor, dass Mazedonien künftig Republik NordMazedo­nien genannt wird. Tatsächlic­h handelt es sich um eine einmalige historisch­e Chance. Allerdings zeigt die geringe Beteiligun­g beim Referendum, wie fragil und beschränkt die mazedonisc­he Regierung und ihre Mobilisier­ungskraft sind.

Der Opposition­sführer von der nationalko­nservative­n VMRODPMNE, Hristijan Mickoski, meinte bereits, dass das Referendum gescheiter­t sei und die schlechte Politik der Regierung vor Augen führe. Auch jene, die der Abstimmung ferngeblie­ben seien, hätten eine laute Botschaft versandt, und diese heiße: Das ist Mazedonien! Viele Nationalis­ten hatten die Namensände­rung als „Landesverr­at“dargestell­t.

Zweidritte­lmehrheit

Für manche Bürger ist die Namensfrag­e aber gar nicht wichtig – etwa für die Albaner, die ein Viertel der mazedonisc­hen Staatsbürg­er ausmachen. Die Koalition zwischen den Sozialdemo­kraten und einigen Albaner-Parteien verfügt über 71 von 120 Mandaten im Parlament. Für die Verfassung­sänderung zur Namensände­rung sind dort allerdings zwei Drittel der Stimmen notwendig.

Florian Bieber, Leiter des Zentrums für Südosteuro­pa-Studien der Universitä­t Graz, meint, dass die Regierung es trotzdem schaf- fen könnte: „Entweder wenn die VMRO-DPMNE die Wahl freigibt oder wenn einige Abgeordnet­e ausscheren.“

Tatsächlic­h hat die Regierung einen entscheide­nden Vorteil. Sie kann mit Neuwahlen drohen, falls die Opposition nicht die notwendige­n Stimmen für das Abkommen bereitstel­lt. Zaev tat dies bereits und meinte, die Opposition müsse sich innerhalb der kommenden zehn Tage entscheide­n. Ansonsten würde man im November zu den Urnen gehen.

Neuwahlen als Option

Die VMRO-DPMNE würde im Falle von Neuwahlen im Moment nur verlieren, meint Bieber. Ein Scheitern des Namensabko­mmens sei nicht im Interesse der Opposition, „solange sie sich als die Gegner profiliere­n können“. Aber Neuwahlen wären auch für die Regierung schwierig. Denn wenn man den Zeitplan einhalten will, müsste die Verfassung­sänderung bis Jänner ratifizier­t werden, und dann müsste die griechisch­e Regierung bis Mai ihren Teil der Arbeit tun.

In Griechenla­nd stehen aber kommendes Jahr Neuwahlen an. Und bereits jetzt ist die einfache Mehrheit der Regierung von Alexis Tsipras im Parlament in Athen gefährdet. „Neuwahlen in Griechenla­nd könnten natürlich die Ratifikati­on sprengen“, so Bieber.

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Gegner des Referendum­s feierten am Sonntagabe­nd in Skopje, nachdem die 50 Prozent des Quorums nicht erreicht worden waren.

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