Jakarta verteidigt Vorgehen bei Tsunami
Die Zahl der Toten nach dem Tsunami in Indonesien geht in die Tausende. Straßen, Brücken und Häfen sind zerstört, es fehlt an Wasser, Lebensmitteln und Treibstoff. Die Debatte um das offenbar unzureichende Tsunami-Warnsystem geht weiter.
Gelbe oder orange Plastiksäcke bedecken die Toten, die nun zum Teil in Massengräbern ihre letzte Ruhe finden. Bisher sind es offiziell 844 Menschen, die nach dem Tsunami am Freitag auf Indonesien ums Leben gekommen sind. Mit den Massenbeisetzungen wollen die Behörden die Ausbreitung von Krankheiten verhindern. Die Zahl der Opfer könnte aber in die Tausende gehen. Noch immer sind einige Gebiete nahe der betroffenen Provinzhauptstadt Palu von der Außenwelt abgeschnitten und Menschen unter Trümmern begraben. Die Hoffnungen, sie lebend zu bergen, werden von Stunde zu Stunde geringer.
Am Montag hat der indonesische Präsident Joko Widodo der Regierung erlaubt, internationale Katastrophenhilfe anzunehmen. Die Behörden erklärten einen zweiwöchigen Notstand. Derzeit haben die Helfer vor Ort Schwierigkeiten, in betroffene Gebiete vorzudringen: Brücken, Häfen und Straßen sind von der Flutwelle zerstört worden. Die Stromversorgung auf der Insel Sulawesi, einer der vier Hauptinseln Indonesiens, ist größtenteils zusammengebrochen. Mindestens 48.000 Menschen sind durch die Flutwelle obdachlos geworden.
Den Rettungskräften fehlt oft schweres Räumgerät, um Überlebende aus eingestürzten Gebäuden zu bergen. Allein in den Trümmern eines Hotels der verwüsteten Küstenstadt Palu wurden bis zu 60 Verschüttete vermu- tet. Bisher konnten zwei von ihnen lebend geborgen werden. Auch Lebensmittel, Wasser und Treibstoff gingen zur Neige. In ihrer Not plünderten Einwohner die Geschäfte.
Die EU hat 1,5 Millionen Euro an humanitärer Soforthilfe freigegeben, gab die Kommission am Montag bekannt, und schickt außerdem einen Experten zur Koordinierung der EU-Hilfe.
Warnung zu früh aufgehoben
Die Meldungen über den Ablauf der Tsunami-Warnung sind zum Teil widersprüchlich. Die indonesische Behörde verteidigt ihr Vorgehen, die Tsunami-Warnung nach einer halben Stunde wieder aufzuheben. Dwirkorita Karnawati, die Leiterin der zuständigen Agentur für Meteorologie, Klima und Geophysik, sagt, es war gerechtfertigt, die Tsunami-Warnung nach einer halben Stunde wieder aufzuheben. Zu diesem Zeitpunkt habe es keine Flutwellen mehr gegeben.
Sie spricht von drei Flutwellen, die die Küste vor Palu getroffen haben. „Die dritte und höchste hat Häuser und Kioske mit sich gerissen.“Die Tsunami-Warnung sei erst einige Minuten später aufgehoben worden, um genau 18.37 Uhr Ortszeit, sagte sie der Tageszeitung Jakarta Post. Aus Sicht des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam (GFZ) war das allerdings zu früh. „Das Warnsystem sieht vor, dass die Warnung frühestens nach zwei Stunden aufgehoben werden darf“, sagte GFZ-Sprecher Josef Zens dem Tagesspiegel.
Das Warnsystem war nach dem verheerenden Tsunami, der Indonesien am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 traf, von einem internationalen Konsortium aufgebaut worden. Maßgeblich daran beteiligt war das Forschungszentrum aus Potsdam. 2011 hat das GFZ das Tsunami-Warnsystem vollständig in die Hände der indonesischen Behörden gelegt.
Die Software hat nach Angaben des Sprechers auch funktioniert, eine Tsunami-Warnung wurde nach dem Erdbeben ausgegeben. Warum aber diese Warnung nicht dazu geführt hat, dass die Strände geräumt wurden, ist noch unklar. Offenbar hat „irgendetwas bei der menschlichen Übermittlung der Warnung nicht funktioniert“, vermutet Zens.
Gegenüber der New York Times sagte Sutopo Purwo Nugroho, der Sprecher des nationalen Katastrophenschutzes, dass Warnbojen seit 2012 nicht funktionierten. Grund dafür wäre das immer geringer werdende Budget für Katastrophenschutz.