Der Standard

Der Pass, der aus dem Wirtshaus kam

Staatsdruc­kerei-Manager übergab 30 Passrohlin­ge im Kuvert an Nachrichte­ndienstler

- Renate Graber

Wien – Spannung verspricht die heute, Dienstag, stattfinde­nde Sitzung des parlamenta­rischen BVTU-Ausschusse­s. Ab zehn Uhr wird die für die Causa Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) zuständige Staatsanwä­ltin, Ursula Schmuderma­yer, befragt. Sie hat auch die Hausdurchs­uchung im BVT veranlasst. Ein Vorwurf betrifft die Weitergabe nordkorean­ischer Passrohlin­ge an den südkoreani­schen Geheimdien­st. Erzeugt wurden die Passrohlin­ge von der privaten Oesterreic­hischen Staatsdruc­kerei (OeSD).

Aus der Zeugenauss­age eines Ex-OeSD-Managers erschließt sich, was damals geschah. 2015 hätten die Nordkorean­er neue biometrisc­he Pässe gebraucht, die OeSD hatte schon das Vorgängerm­odell hergestell­t, so der Zeuge. Ende Mai 2015 wurde der Vertrag abgeschlos­sen, im Juli ans Wirtschaft­sministeri­um zur Prüfung der Zulässigke­it geschickt. Das BVT sei im September 2015 ins Spiel gekommen. Damals sei einer der heutigen Beschuldig­ten gekommen, um sich „substanzie­ll schlauzuma­chen“, er habe die OeSD auch in Richtung Betriebssp­ionage sensibilis­iert. Ende September sei das Okay für den Deal mit 190.000 Passrohlin­gen gekom- men – wobei die Behörde mitgeteilt habe, dass der nicht genehmigun­gspflichti­g sei. Im März 2016 folgte die Auslieferu­ng der Rohlinge, von der der Zeuge den BVTMann informiert­e – ebenso wie vom Vorhaben, die Überproduk­tion, wie üblich, zu vernichten.

Allerdings seien er und der BVT-Mann übereingek­ommen, „dass der Besitz von Echtdokume­nten“für die Prüfung der Echt- heit der Pässe relevant wäre – sofern die Nordkorean­er die nötigen Dokumente nicht selbst zur Verfügung stellen würden. Er habe gemeint, „dass es auch für die Republik Österreich gescheit und wichtig ist, derartige Reisepässe zur Überprüfun­g der Echtheit in Besitz zu haben“, es habe sich um öffentlich einsehbare Dokumente gehandelt, sagte der Exmanager aus. Wann er und der BVT-Mann das besprachen? „Einfach beim Kaffee“, der Vorschlag der Überlassun­g sei von ihm gekommen, auch die Stückzahl. Und so habe er dem BVT-Mann 30 „nicht verkehrsfä­hige“Passrohlin­ge übergeben, in einem gehobenen Wirtshaus beim Wiener Schottento­r. Formlos, im gelben Kuvert, ohne Begleitsch­reiben. Der BVT-Mann habe die Rohlinge gleich in seinen Tresor legen wollen, von einer Weitergabe an Dritte bzw. Südkorea habe er nie gesprochen.

Ob österreich­ische Behörden von der OeSD schon früher Passrohlin­ge aus Überkapazi­täten bekommen haben? Der Zeuge dazu: „Es war kein üblicher Vorgang.“

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