Der Standard

Zwei Jahre Content-Netzwerk Funk

„Funk“, das junge Content-Netzwerk von ARD und ZDF, feiert seinen zweiten Geburtstag. Programmge­schäftsfüh­rer Florian Hager erklärt, warum man junge Menschen nur in den sozialen Medien erreicht.

- Philip Pramer

Im öffentlich-rechtliche­n Rundfunk gibt es ein gefürchtet­es Wort: Generation­enabriss. Es bedeutet, dass junge Menschen kein öffentlich-rechtliche­s Fernsehen mehr schauen. Der Zuschauer von ARD und ZDF ist durchschni­ttlich 60 Jahre alt – und wird älter. Fast genau zwei Jahre ist es her, dass die beiden Sender anfingen, jährlich 45 Millionen Euro zu investiere­n, um diesen Trend umzukehren. „Funk“heißt das Projekt, mit dem die Öffentlich-Rechtliche­n ihre Jugend zurückgewi­nnen wollen. Die Besonderhe­it: Was auf Funk läuft, war nie im Fernsehen zu sehen – es ist also das Gegenteil von den klassische­n Online-Mediatheke­n, wie sie die meisten Sender haben. „Wir haben uns den Namen ‚Content-Netzwerk‘ gegeben, was natürlich irgendwie Bullshit-Bingo ist“, sagt Programmge­schäftsfüh­rer Florian Hager im STANDARD- Interview. „Aber es ist der Versuch darzustell­en, dass wir ganz viele Einzelmark­en haben, die untereinan­der vernetzt sind.“Diese Marken, das sind inzwischen 60 Kanäle mit 120 Formaten in den drei Überkatego­rien „Informiere­n“, „Orientiere­n“und „Unterhalte­n“. Darunter etwa die Reportagef­ormate Y-Kollektiv oder STRG_F, der Sportsatir­ekanal Wumms! sowie selbstprod­uzierte Serien wie Druck oder Wishlist. Teilweise wurden auch bestehende Youtube-Channels übernommen.

Warum so viele Kanäle? „Weil es unmöglich ist, alle Zielgruppe­n mit einem einzigen Kanal zu erreichen.“Das wäre die alte Fernsehlog­ik.

Zwischen 14 und 29 Jahre alt sind die Menschen, die Funk erreichen will, eine „sehr diverse Zielgruppe“, wie Hager sagt. „Das wäre ja vom ersten Pickel bis zum Hausbau!“Die Lebensreal­ität eines 14-Jährigen habe nichts mit der eines 29-Jährigen zu tun, deshalb habe man die Zielgruppe noch einmal gesplittet. Besonders schwierig zugänglich seien die 14 bis 16-jährigen männlichen Jugendlich­en. Die seien „stark in dieser Let’s-play-Gamingwelt drinnen“, wo man als öffentlich­rechtliche­r Sender nur schwer einen Fuß hineinsetz­en könnte.

Alle Videos gibt es zwar auch auf der eigenen Plattform Funk.net, aber auch auf Youtube, Facebook, Instagram und Snapchat – ein Gegensatz zum ORF, der im April bekanntgeg­eben hatte, seine Auftritte auf Facebook massiv zu reduzieren. Ein YoutubeKan­al ist dem ORF sogar gesetzlich verboten. Die Kritik, dass man amerikanis­che Plattforme­n damit mit Gebührenge­ldern fördere, gebe es auch in Deutschlan­d, wo den Öffentlich-Rechtliche­n gesetzlich mehr erlaubt ist.

Kaum Alternativ­en

Die Kritik sei „irgendwo berechtigt“, meint Hager. „Aber der einzige Auftrag, den ich hier umsetzen muss, ist es, 14- bis 29-Jährige mit öffentlich-rechtliche­n Inhal- ten zu erreichen.“Er sei „ein glühender Verfechter der These, dass die Öffentlich-Rechtliche­n dorthin gehen müssen, wo die Meinungsbi­ldung und die Diskussion um gesellscha­ftlich relevante Themen stattfinde­t“. Und das seien eben momentan die sozialen Medien. Die Alternativ­e wäre, „auf der grünen Wiese eine eigene App aufzubauen und mit Inhalten vollzustop­fen, die danach keiner sieht“.

Eines hat Funk mit linearem Fernsehen gemeinsam. Hauptbench­mark für den Erfolg sind die Videoaufru­fe. Im zweiten Quartal 2018 generierte­n alle Formate zusammen 163 Millionen Aufrufe auf Youtube und 64 Millionen Views auf Facebook – fast eine Verdopplun­g im Vergleich zum zweiten Quartal 2017. Der Programmge­schäftsfüh­rer ist zufrieden. „Aufs Jahr hochgerech­net ist das eine Zahl, die uns stolz macht.“

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Insgesamt 1,5 Milliarden Aufrufe erreichten die Videos auf der öffentlich-rechtliche­n Plattform „Funk“.

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