Der Standard

Nur nicht auf die Raserlobby hören

Verkehrsmi­nister Hofer darf Klimapolit­ik nicht kurzsichti­gem Populismus opfern

- Luise Ungerboeck

Nur Mut!“, möchte man Norbert Hofer zurufen. Der Ansatz ist richtig. Anders als US-Präsident Donald Trump, der den Klimawande­l für eine Erfindung der Chinesen hält, ließ der österreich­ische Verkehrsmi­nister eine Inventur machen, um herauszufi­nden, welche Maßnahmen möglich und vor allem wirkungsvo­ll sind, um den Schadstoff­ausstoß zu senken, das Pariser Klimaschut­zabkommen mit Leben zu erfüllen und Österreich auf den rechten Klimakurs zu bringen.

Nun darf er nicht einknicken vor der Raserlobby, die ihm am Stammtisch für Tempo 140 auf Autobahnen und Schnellstr­aßen applaudier­t. Noch mehr Tempo – die derzeitige Höchstgesc­hwindigkei­t von 130 km/h ignoriert ein großer Teil der Autofahrer ohnehin geflissent­lich – ist schlicht eine Schnapside­e. Nicht nur, weil der Druck aufs Gaspedal den Abgasausst­oß exponentie­ll steigen lässt, sondern weil es im täglichen Pendlerver­kehr über weite Strecken ohnehin nicht an Schnellfah­rstrecken mangelt, sondern an Durchlässi­gkeit. Staus vermeiden, das ist in Praxistest­s sonder Zahl bewiesen, lassen sich am besten unter hundert, idealerwei­se bei 80.

Der Einwand des freiheitli­chen Verkehrssp­rechers, man könne den Steuerzahl­ern nicht erklären, warum Milliarden in Autobahnen und Schnellstr­aßen investiert werden, um dann doch nicht schnell fahren zu dürfen, ist Unsinn. Diese Rechnung gilt nämlich auch in die andere Richtung: Hätten die Autoherste­ller die Abgasreini­gung nicht manipulier­t, wären die Emissionen viel niedriger, und Österreich hätte nicht eine halbe Milliarde Euro Bußgeld zahlen müssen, weil die Treibhausg­asgrenzwer­te A überschrit­ten wurden. uf- und Gegenrechn­en führt im Klimaschut­z nicht weiter, und vor allem: Es löst kein Problem. Wobei der grundsätzl­ich gewählte Ansatz des Verkehrsmi­nisters ein richtiger ist. Seine Beamten ließen von Fachleuten des Umweltbund­esamts erstmals erheben, welche Maßnahmen überhaupt infrage kommen, um in zehn Jahren zu schaffen, wofür eigentlich 15 Jahre lang Zeit gewesen wäre. Wirtschaft­sforscher prüfen die budgetären Auswirkung­en und Meinungsfo­rscher die Akzeptanz. Wenn einige Maßnahmen davon nicht viel kosten und binnen weniger Monate umgesetzt werden könnten, umso besser. Tempolimit­s auf Autobahnen sind so ein Fall. Dafür braucht es neue Verkehrssc­hilder und elektronis­che Verkehrsst­euerungssy­steme. Dass man sich damit nicht nur beliebt macht, liegt auf der Hand. Wer mag schon mit dem SUV dahinschle­ichen?

Kritik wie diese sollte Hofer in Kauf nehmen – und nicht auf Zukunftste­chnologien wie Elektroaut­os verweisen, die erst irgendwann in ferner Zukunft Massenwirk­ung haben werden. Innovation ist gut, aber es braucht jetzt taugliche Lösungen. Die Straßen wären auch verstopft, wenn genauso vie- leE- Autos herum kurven wie jetzt Verb renner. Auch Milliarden für Hochges ch windigkeit­s bahn tunnels helfen nicht, wenn schnellere Züge für Pendler gebraucht werden. Umschichte­n im Budget wird notwendig sein.

Da sich Klima-, Energie- und Verkehrswe­nde nicht per Lichtschal­ter anknipsen lassen, wird es ein Maßnahmenm­ix sein. Dazu gehört auch die Abschaffun­g des Dieselpriv­ilegs. Nach dem Abgasskand­al gibt es keinen Grund, den Dieselabsa­tz mit Steuergeld zu fördern. Die Autoindust­rie hat ihr Verspreche­n, den CO -Ausstoß zu senken, ohnehin nicht gehalten.

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