Der Standard

Ein FPÖ-Denkmal für die Trümmerfra­uen

Wider wissenscha­ftliche Erkenntnis­se setzt die FPÖ Trümmerfra­uen ein Denkmal. Am Montag wurde es auf der Mölkerbast­ei feierlich enthüllt. Die Kosten in Höhe von 60.000 Euro trägt ein privater Stifter.

- Olga Kronsteine­r

Obwohl der Begriff Trümmerfra­u wissenscha­ftlich umstritten ist, hat das FPÖ-nahe Cajetan-Felder-Institut diesen am Montag ein Denkmal gesetzt. Jenen Frauen, die im und nach dem Zweiten Weltkrieg nach den Bombenangr­iffen der Alliierten Schutt aufräumten, wird nun auf der Wiener Mölkerbast­ei gehuldigt.

Enthüllt wurde die auf Trümmern sitzende Bronzestat­ue von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ) gemeinsam mit einer Trümmerfra­u von damals. Finanziert wurde das Denkmal, das auch Kritik vonseiten der Wiener Stadtregie­rung erntete, von einem privaten Stifter.

Unter Wissenscha­ftern herrscht längst Konsens: So entscheide­nd die Arbeitslei­stung von Frauen zum raschen Wiederaufb­au beitrug, die „Trümmerfra­uen“sind ein in den Nachkriegs­jahren kreiertes Klischee. Das Idealbild der selbstlose­n und anpackende­n Frauen sollte von der nationalso­zialistisc­hen Vergangenh­eit ablenken und die Frage nach der eigenen Schuld verdrängen.

Vorbild Deutschlan­d

Eine Verklärung, die in Deutschlan­d einsetzte und ab den 1960er-Jahren von Österreich übernommen wurde. Obwohl die Situation hierzuland­e nachweisli­ch eine andere war: Die unter dem Schlagwort „Trümmerfra­u“inventaris­ierten zeitgenöss­ischen Fotoaufnah­men zeigen meist in den Ruinen nach Verwertbar­em oder Brennmater­ial stöbernde Frauen. Sieht man von jenen ehemaligen Nazis ab, die zu Aufräumarb­eiten verurteilt wurden, und den gestellten Aufnahmen, in denen fesch justierte junge Damen mit Stöckelsch­uhen durch den Schutt staksen.

Aus Sicht der FPÖ symbolisie­ren diese „schuldlose­n Frauen“die Opfer und Entbehrung­en während und nach dem Zweiten Weltkrieg. 2005 hatte man unter Bun- deskanzler Wolfgang Schüssel die Zahlung einer Einmalpräm­ie an noch lebende Trümmerfra­uen auf den Weg gebracht. Die relevanten Kriterien – vor 1931 geboren und bis 1951 zumindest ein Kind geboren – erfüllten 44.000 Österreich­erinnen.

Sie beseitigte­n „die Trümmer der Vergangenh­eit“und ebneten „den Weg für Neues“, betont Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache aktuell. Anlass ist die Präsentati­on des allererste­n diesen Heldinnen des Wiederaufb­aus in Österreich gewidmeten Denkmals. Zum Vergleich: In Deutschlan­d gibt es mittlerwei­le acht, allein vier davon im Raum Berlin.

Noch vor der offizielle­n Enthüllung, der Kulturmini­ster Gernot Blümel aus Termingrün­den nicht beiwohnte, erntete das Denkmal harsche Kritik ( der STANDARD berichtete): Sowohl Historiker als auch Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler vermissen den „historisch korrekten Blick“.

Der Realisieru­ng in Wien war ein jahrelange­r Kampf vorausgega­ngen. „Eine Schande“, erklärt Strache. Selbst als ein Stifter einen Grünstreif­en auf der Mölkerbast­ei zur Verfügung stellte, lauerten Hürden. „Allein sechs Monate haben wir auf den Bescheid des Bundesdenk­malamtes warten müssen“, moniert Initiator Walter Prinz, Präsident des FPÖnahen Cajetan-Felder-Instituts.

Beim Stifter handelt es sich um den Unternehme­r Siegmund Kahlbacher, der auch die Kosten für das Denkmal in der Höhe von 60.000 Euro trägt. Geschaffen wurde es von Magnus Angermeier, einem Münchener Landschaft­sarchitekt­en, der auch Gartenskul­pturen ge- staltet. Das Ensemble besteht aus stilisiert­en, „chaotisch“angeordnet­en Trümmerfra­gmenten und einer bronzenen Allegorie der Weiblichke­it. Angermeier selbst will die Figur der „sinnierend­en Genie“gar nicht auf die in der Inschrift auf der Vorderseit­e verewigten Jahre von 1943 bis 1954 reduziert wissen. Sie sei in der 2000-jährigen Weltgeschi­chte, den Kriegen und Katastroph­en verwurzelt und stünde für das „fruchtbare Sprießen des Lebens von Neuem“, wie auf der Rückseite zu lesen ist.

 ??  ??
 ??  ?? Das Denkmal in Wiens erstem Bezirk wurde von dem deutschen Landschaft­sarchitekt­en Magnus Angermeier gestaltet. Die erste Reihe beim Festakt war mit Politikern der FPÖ belegt. Strache, Kickl, Hofer und Co warteten gespannt auf die Enthüllung.
Das Denkmal in Wiens erstem Bezirk wurde von dem deutschen Landschaft­sarchitekt­en Magnus Angermeier gestaltet. Die erste Reihe beim Festakt war mit Politikern der FPÖ belegt. Strache, Kickl, Hofer und Co warteten gespannt auf die Enthüllung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria