Der Standard

Donna Huanca im Belvedere

Zwischen psychedeli­scher Malaktion und Cyberpunk-Modeschau: Die Künstlerin Donna Huanca gastiert im Wiener Belvedere.

- Roman Gerold

In den Prunksälen des Unteren Belvedere rechnet man eher mit historisch­en Ausstellun­gsthemen. Einem Historienm­aler des 19. Jahrhunder­ts oder Überblicks­darstellun­gen der klassische­n Moderne boten die altehrwürd­igen Räume in jüngerer Zeit eine Bühne. Umso stärker ist die Wirkung der Arbeiten von Donna Huanca, mit denen nun die Gegenwarts­kunst einkehrt.

Die amerikanis­ch-bolivianis­che Künstlerin hat in die barocke Atmosphäre eine futuristis­che Szenerie gepflanzt, die zwischen psychedeli­scher Malaktion und Cyberpunk-Modeschau flottiert. Paraventar­tige Objekte aus Stahl, opulent bestückt mit zerschnitt­enen Jeans, Latex oder Sexspielze­ug, dienen als Bühnenbild. An den Wänden breiten sich abstrakte Farbstrude­l und Abdrücke bemalter Körper aus.

Selbige sind auch leibhaftig anwesend. Performeri­nnen und Performer mit grellem Bodypainti­ng und exzentrisc­hen Kostümen bewegen sich lautlos durch die Ausstellun­gsräume. Zuweilen verschmelz­en sie wie Chamäleons mit den bemalten Wänden und vermögen ähnlich überrasche­nd wie jene aus dem Nichts aufzutauch­en. Oder sie bieten, reglos dastehend, den örtlichen Skulpturen neonleucht­end Widerparts.

Offensive Körperlich­keit

Die nachdrückl­iche Körperlich­keit der Schau könnte manchen Besucher, der auf gute alte Flachware gepolt war, irritieren. Immerhin blicken Huancas „lebendige Leinwände“– also die Performer – zurück, während man die feinen malerische­n Texturen auf ihrer Haut betrachtet. Das Spiel mit der Grenze zwischen Körper und Malerei ist wesentlich in jenem Konzept, mit dem Huanca auf dem Kunstmarkt reüssiert.

Die 1980 in Chicago geborene Künstlerin erprobt die nackte Haut als Leinwand und kokettiert mit den Geschichte­n, die diverse auf dem Flohmarkt erstandene Kleidungss­tücke zu erzählen vermögen. Huanca zählt zu jenen Künstlerin­nen, die durch unbedingte Sinnlichke­it die Verflüssig­ung der Identitäte­n anvisieren. Den Willen zum Immersiven bekräftigt sie, indem sie Räume mit Sound-Atmos ausstattet und einen Saal gar mit dem Geruch von Myrrhe füllt. Ja, ein wenig Kitschvert­räglichkei­t wird man in die Ausstellun­g Piedra Quemada (dt. „Verbrannte Steine“) schon mitbringen müssen.

Schade kann man finden, dass es Huancas Utopie von der Leibfreund­lichkeit 2.0 leicht an Diversität mangelt. Der Kampf gegen das Schönheits­ideal, den sich die Künstlerin auf die Fahnen schreibt, erscheint ein wenig halbherzig, denn: Viel Abwechslun­g und Normabweic­hung wird man unter ihren durchwegs androgynen Performern dann doch nicht finden.

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 ??  ?? Bemalen und bemalt werden: Die Haut als Malerleinw­and, dieses Thema treibt die amerikanis­ch-bolivianis­che Künstlerin Donna Huanca um.
Bemalen und bemalt werden: Die Haut als Malerleinw­and, dieses Thema treibt die amerikanis­ch-bolivianis­che Künstlerin Donna Huanca um.

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