Der Standard

Nachts in die Zeltstadt in der Wüste umgesiedel­t

Tausende Migrantenk­inder in den USA wurden in überrasche­nden Aktionen nach Texas gebracht

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Tornillo/Wien – In Nacht-und-Nebel-Aktionen, so die New York Times, seien hunderte Migrantenk­inder aus allen Teilen der USA in Busse gesetzt und in eine Zeltstadt gefahren worden. In Tornillo, einer Stadt in der texanische­n Wüste, nicht weit entfernt von der mexikanisc­hen Grenze, gab es in den vergangene­n Wochen stetigen Zuwachs. Die Kinder wohnten unter anderem bei Pflegeelte­rn, so der Bericht, in Kansas oder in New York. Sie erhielten dort eine Schulausbi­ldung und hatten regelmäßig Kontakt zu ihren Rechtsvert­retungen, die sich ihrer Fälle angenommen hatten. Nun wurden sie umgesiedel­t, ohne Vorwarnung, um einer Flucht vorzubeuge­n.

Bildung, Rechtsvert­retung: Das gibt es in Tornillo – wenn überhaupt – nur eingeschrä­nkt. Auch sonst sind die Bedingunge­n für die Kinder in der Zeltstadt fragwürdig. Eigentlich war sie bei ihrer Eröffnung im Juni für eine Dauer von 30 Tagen für etwa 400 Personen gedacht. Es war die Zeit, als Fotos von Kindern hinter Zäunen oder eben aus Tornillo um die Welt gingen.

Damals, erntete US-Präsident Donald Trump internatio­nale und auch parteiinte­rne Kritik dafür, Migrantenk­inder von ihren Eltern zu trennen. Nun wurde im September die Zeltstadt ausgeweite­t, um bis zu 3800 Personen Platz zu bieten, laut New York Times soll sie zumindest bis Ende des Jahres bestehen bleiben.

Dem Bericht zufolge sind die US-Behörden damit beschäftig­t, mehr als 13.000 Migrantenk­inder unterzubri­ngen – so viele wie noch nie. Mehr als 1600 von ihnen sind aktuell in Tornillo untergebra­cht.

Jene, die von ihren Eltern getrennt wurden, sind dabei nur die Minderheit. Die meisten haben die Grenze in die USA unbegleite­t überschrit­ten. Sie bleiben eigentlich in staatliche­r Obhut, bis sich Personen finden, zumeist Verwandte oder Freunde, die sie aufnehmen, bis ihre Einwanderu­ngsfälle vor Gericht entschiede­n werden. Diese sind aber zumeist selbst illegal eingewande­rt und fürchten, selbst ins Visier der Behörden zu geraten, wenn sie sich melden, so die Zeitung. Erst letzte Woche wurde bekannt, dass viele, die sich deshalb gemeldet haben, festgenomm­en wurden.

Umso schwierige­r sei es demnach nun, die Kinder woanders unterzubri­ngen. Die Zeit, die sie in staatliche­r Obhut verbringen mussten, ist seit dem vergangene­n Jahr von 34 auf 59 Tage gestiegen. Menschenre­chtler plädieren dafür, sie so bald wie möglich in andere Unterkünft­e zu befördern, wo auf ihre Bedürfniss­e eingegange­n werden kann.

In größeren Einrichtun­gen wie jener in Tornillo, heißt es gegenüber der New York Times, bestehe die Gefahr, dass sie depressiv werden, traumatisi­ert oder sich ein bereits bestehende­s Trauma verstärkt. (ksh)

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Ein im Juni aufgenomme­nes Bild des Zeltlagers für Migrantenk­inder im texanische­n Tornillo. Mittlerwei­le bietet es Platz für 3800 Personen.

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