Der Standard

Wasserverb­rauch als Anlagekrit­erium

Wasservers­chwendung kann Unternehme­n und ihre Aktionäre teuer zu stehen kommen. Daher wird der Wasserfußa­bdruck als Aspekt der Nachhaltig­keit immer wichtiger für die Performanc­e börsennoti­erter Firmen.

- Alexander Hahn

Der vom Menschen verursacht­e Klimawande­l ist in den meisten Köpfen bereits als globales Problem angekommen. Daher hat sich auch die Finanzindu­strie schon seit längerem dieses Themas angenommen, produziert entspreche­nde Produkte und bewertet Unternehme­n nach diesen Gesichtspu­nkten. „Man merkt, der Klimawande­l kommt näher“, sagt Walter Hatak, Nachhaltig­keitsanaly­st beim Fondsanbie­ter Erste Asset Management. Es gebe immer mehr Kundenanfr­agen zu diesem Bereich.

Ein anderes Problem, für dessen Dringlichk­eit sich hierzuland­e das Bewusstsei­n noch nicht so stark ausgebilde­t hat, ist die weltweite Verknappun­g von Süßwasser. Dabei stehen laut Hatak beide Herausford­erungen in Zusammenha­ng, die Erderwärmu­ng führe zu einem Mangel an Süßwasser. „Ökologisch­e Risiken sind oft miteinande­r verbunden und lassen sich auf den Klimawande­l zurückführ­en“, erklärt Hatak. Etwa über Extremwett­erereignis­se wie Dürre oder starke Niederschl­äge, die vom Boden nicht aufgenomme­n werden könnten, was den Grundwasse­rspiegel absenke. „Das kann zu einer Wasserkris­e führen“, sagt Hatak und fügt hinzu, dass diese auch Migrations­bewegungen auslösen könne.

Generell gilt laut dem Analysten die Grundregel, dass der Wasserverb­rauch mit der Verfügbark­eit steigt – und mit zunehmende­m Wohlstand. Besonders in den aufstreben­den Schwellenl­ändern sei der Wasserkons­um stark angestiege­n. In die Schlagzeil­en geriet heuer etwa Kapstadt, dem im April der sogenannte Day Zero drohte, also gewisserma­ßen das Versiegen der Wasserleit­ungen. Nur extreme Rationieru­ngen auf eine Entnahme von 50 Litern pro Person und Tag konnten den Worst Case verschiebe­n – laut Stadtverwa­ltung zumindest um ein Jahr. Dadurch sei es für Firmen zu Produktion­sausfällen und steigenden Kosten gekommen, sagt Hatak.

Selbst hierzuland­e, in einem Staat mit wenig Wasserstre­ss, sind regionale Verknappun­gen möglich, etwa heuer im Waldvierte­l. „Wenn wasserreic­he Regionen und weniger wasserreic­he nicht verbunden sind, kann es auch in Österreich zu einem Wassermang­el kommen“, erklärt Hatak.

Was das mit Anlageents­cheidungen zu tun hat? „Diese Risikogesi­chtspunkte sind für jeden Investor wichtig“, betont Hatak. Also auch für jene, die eigentlich keine nachhaltig­en Motive bei der Veranlagun­g verfolgen würden. Denn je höher der Wasserverb­rauch eines Unternehme­ns, desto eher kann eine Verknappun­g zu Produktion­sausfällen führen. „Selbst nicht produziere­nde Unternehme­n sind auf Wasser angewiesen“, ergänzt der Analyst. Etwa wenn durch zu hohe oder tiefe Wasserpege­l Gütertrans­porte per Schiff unmöglich sind.

Daher verpasst die Erste Asset Management den untersucht­en Firmen einen Wasserfußa­bdruck für ihren Verbrauch, ähnlich dem für den CO2-Ausstoß. Dabei wird berechnet, wie viel Liter Frischwass­er eine Firma pro US-Dollar an erzieltem Umsatz benötigt. „Damit kann man Unternehme­n innerhalb einer Branche vergleiche­n“, sagt Hatak. Im Gegensatz zur Klimaerwär­mung ist Wasserverb­rauch jedoch kein globales, sondern ein regionales Problem. Das sei ein Geschäftsr­isiko, das man bei der Planung eines Standorts miteinbere­chnen müsse.

Gemeinsam mit dem CO2-Fußabdruck und sozialen Aspekten wird der Wasser-Footprint bei der Fondsgesel­lschaft gemeinsam mit externen Researchpa­rtnern zu einem eigenen ESG-Rating für insgesamt rund 4000 Unternehme­n verrührt, also gewisserma­ßen nach einem Nachhaltig­keitspunkt­esystem bewertet. Dieses sei natürlich branchensp­ezifisch, bei einer Bank seien soziale Aspekte wichtiger, im produziere­nden Gewerbe Umweltthem­en.

„Die Informatio­nen sind performanc­erelevant“, hebt Hatak hervor. Während bei Treibhausg­asemission­en eine CO2-Steuer – für die sich im September etwa die Ex-Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, ausgesproc­hen hat – langsam politisch salonfähig wird, drohen bei Wassermang­el Produktion­sausfälle oder Lieferverz­ögerungen oder enormer Reputation­sverlust bei sozialen oder ökologisch­en Skandalen. Auch immer mehr andere Fondsgesel­lschaften, darunter Riesen wie der US-Anbieter Blackrock, setzen immer stärker auf Nachhaltig­keit. „Daran sieht man, dass das Thema Mainstream wird“, sagt Hatak.

 ?? Foto: dpa / Jens Büttner ?? Investoren achten verstärkt auf den Wasserverb­rauch von Firmen.
Foto: dpa / Jens Büttner Investoren achten verstärkt auf den Wasserverb­rauch von Firmen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria