Der Standard

Grenze erneut überschrit­ten

- Astrid Ebenführer

Dass das Innenminis­terium unter dem blauen Minister Herbert Kickl keine rechte Freude mit kritischen Journalist­en hat, ist bekannt. Spätestens seit in einer Mail an die Polizei vorgeschla­gen wurde, die Kommunikat­ion mit Medien wie dem Falter, dem STANDARD oder auch dem Kurier auf das nötigste Maß zu beschränke­n, steht es schwarz auf weiß, was Kickl und seine Pressespre­cher von Journalist­en halten, die beharrlich nachfragen und nicht das schreiben, was die Minister und ihre Kommunikat­ionsleute gerne hätten.

Mit der ungefragte­n Veröffentl­ichung der Korrespond­enz mit Falter- Chefredakt­eur Florian Klenk legt das Innenminis­terium jetzt aber nicht nur ein Schäuferl nach, sondern überschrei­tet laut Rechtsexpe­rten auch die Grenze des Gesetzes. Juristen orten einen Verstoß der Behörde gegen die neue EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung. Die Verbreitun­g personenbe­zogener Daten ist nur mit der Einwilligu­ng der betroffene­n Personen erlaubt. Diese Einwilligu­ng ist nicht erfolgt, Florian Klenk wurde nicht gefragt. Liegt ein Verstoß gegen ein bestehende­s Gesetz vor, so muss dieses Vorgehen mit allen Konsequenz­en geahndet werden.

Diese ungefragte Veröffentl­ichung von E-Mails und SMS ist aber nicht nur ein möglicher Gesetzesve­rstoß, sondern vor allem ein weiterer massiver Versuch, Journalist­en einschücht­ern, die künftig damit rechnen müssen, dass ihre Anfragen von der Regierung ohne Rückfrage veröffentl­icht werden. Dass das Innenminis­terium jetzt den Presserat prüfen lassen will, ob Klenks Vorgangswe­ise dem Ehrenkodex der österreich­ischen Presse entspricht, kann auch als Drohung verstanden werden, unliebsame Berichte oder sogar nur Anfragen prüfen zu lassen.

Der Vorwurf – den auch Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache erhoben hat –, Florian Klenk habe nicht „solide recherchie­rt“, ist absurd und für die FPÖ auch ein Schuss nach hinten. Denn dass ausgerechn­et die vom Innenminis­terium veröffentl­ichte Korrespond­enz belegt, wer wann für Auskunft kontaktier­t wurde, entbehrt nicht einer gewissen Komik.

Dass dem Bundeskanz­ler Sebastian Kurz zur aktuellen Causa nicht mehr einfällt als der knappe Kommentar, dass jetzt der Presserat am Zuge sei, ist ein Armutszeug­nis für einen Regierungs­chef, das vor allem zeigt, dass er das Thema Medien und Pressefrei­heit der FPÖ überlässt.

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