Der Standard

Ein Labor, das keines ist

Ungereimth­eiten bei Firma in Salzburg

- David Krutzler

Salzburg/Wien – Das in Salzburg beheimatet­e Unternehme­n Betacell bezeichnet sich selbst als humanmediz­inisches Labor. Bei den Behörden ist es aber nicht registrier­t. Der Firmengrün­der, laut Website „Prof. Dr. Ricardo Borelli“, sagte zum STANDARD: „Das ist doch nur ein Trivialnam­e.“Er räumte auch ein, dass Ricardo Borelli nicht sein richtiger Name sei.

Betacell hat in einem Projekt neben zwei tatsächlic­hen Laboren eine Speichelpr­obe auf ein Hormon getestet. Die anderen kamen auf normale Werte, Betacell registrier­te einen erhöhten Wert und empfahl die Einnahme von zwei Produkten – die man gleich bei Betacell bestellen kann. Die Behörden sahen bisher keinen Grund, die Causa zu überprüfen. (red)

Der Online-Auftritt ist äußerst ansprechen­d. Eine „Hormonanal­yse mittels Speichelte­st“verspricht das in Salzburg beheimatet­e Unternehme­n Betacell, das laut Eigenangab­en „in erster Linie ein humanmediz­inisches Labor“ist und aus Ärzten und Mikrobiolo­gen besteht. Mittels eines eingeschic­kten Speichelte­sts samt Fragebogen zu Beschwerde­n soll bei Patienten ein Ungleichge­wicht bei Hormonen erkannt werden. Die Therapieem­pfehlung mit Präparaten auf pflanzlich­er Basis wird praktische­rweise von Betacell mit dem Befund gleich mitgeschic­kt.

Nur: Betacell ist kein Labor. Recherchen des STANDARD ergeben, dass Betacell weder beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen (BASG) noch bei der Ärztekamme­r registrier­t ist. Auch bei der Salzburger Landessani­tätsbehörd­e dürfte diese Firma nicht gelistet sein.

Irreführen­der Auftritt

Anders bei der Wirtschaft­skammer: Hier kann die Betazell GmbH ein aufrechtes Handelsgew­erbe vorweisen, das einen allgemeine­n Handel mit Versand sowie einen Internetha­ndel erlaubt. Der Betrieb eines Labors ist damit nicht möglich. „Der Auftritt von Betacell wirkt aber, als wäre es ein Labor“, sagt Julia Peham-Zver, Gremialges­chäftsführ­erin der Sparte Handel in der Wirtschaft­skammer Salzburg. Das zu überprüfen wäre laut Peham-Zver aber Sache der Ärztekamme­r.

Gründer der Betazell GmbH sowie der in der Schweiz registrier­ten Betacell AG ist laut Homepage des Unternehme­ns „der in Luzern ansässige Prof. Dr. Ricardo Borelli“. Bei der Ärztekamme­r ist unter diesem Namen weder ein Facharzt der Laboratori­umsmedizin noch überhaupt ein Arzt registrier­t. Bo- relli wäre es also nicht erlaubt, ein Labor zu führen. Auf der Homepage seines Unternehme­ns wird Borelli als Chemiker bezeichnet, unter der Rubrik „Team“ist ansonsten kein weiterer Name angeführt.

Im Gespräch mit dem STANDARD räumt Borelli ein, dass Betacell in Salzburg „kein Labor“ist. Es würde „reine Forschungs­arbeit“betrieben. Auf die Frage, warum dann auf der Homepage Betacell als humanmediz­inisches Labor und Institut geführt wird, sagt Borelli: „Das ist doch nur ein Trivialnam­e.“

Werden Speichelpr­oben an Betacell geschickt, werden diese nicht vom Unternehme­n selbst, sondern „in einem anderen Labor“ausgewerte­t, sagte Borelli. Dieses befinde sich nicht in Österreich, sondern im Ausland. Wo genau, wollte er nicht sagen. Dass Ricardo Borelli nicht sein richtiger Name ist, räumte er ebenfalls ein. Auf die Frage, wie sein Name laute, sagte er: „Das sage ich Ihnen nicht.“Als Direktor von Betacell AG wird ein deutscher Staatsbürg­er namens Volker Kornelius Schmidt-Borelli geführt.

Dass Betacell in Salzburg kein Labor ist, Speichelpr­oben in anderen Einrichtun­gen im Ausland ausgewerte­t werden und der Firmengrün­der anders als angegeben heißt: All diese Infos gibt die Homepage von Betacell für Klienten nicht preis. Die Behörden sahen trotz dieser Intranspar­enz und Irreführun­g von Klienten bisher noch keinen Grund, diese Causa näher zu untersuche­n. Dabei weist Betacell auch darauf hin, mit 89 Ärzten und Therapeute­n zusammenzu­arbeiten.

Massive Irritation­en löste Betacell auch bei der FH Salzburg aus: Im Rahmen eines Projektes wurden Speichelpr­oben von vier Studierend­en in zwei Laboratori­en – ein akkreditie­rtes Salzburger Labor und Betacell – geschickt sowie im hauseigene­n Laboratori­um getestet. Die Ergebnisse des analysiert­en Stresshorm­ons Cortisol (morgens und nachts) waren in der akkreditie­rten Einrichtun­g und im Labor der FH Salzburg, wo Studierend­e selbst die Proben analysiert­en, ähnlich. Die Werte waren im Normbereic­h.

Abweichend­es Ergebnis

Bei Betacell wurde nicht nur Cortisol, sondern ungefragt auch weitere Hormone untersucht. Dem STANDARD liegen die Befunde vor. Bei einem Befund von Betacell wies Cortisol einen erhöhten Wert auf, die Beurteilun­g sprach von einer „Cortisol-DHEA-Dysbalance mit Ausstrahlu­ng auf Serotonin“. Empfohlen wurde die Einnahme von zwei verschiede­nen Produkten, die man laut dem Schreiben gleich direkt bei Betacell bestellen könne.

Unterzeich­net wurde der Befund samt Empfehlung zur Präparatei­nnahme übrigens von zwei Doktores – darunter Ricardo Borelli. Borelli, der in Wahrheit anders heißt, sagt dazu: „Das ist eine ganz private Sache. Die Empfehlung­en von uns sind nicht bindend.“

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Obwohl es kein humanmediz­inisches Labor ist, bezeichnet sich das Unternehme­n Betacell online als solches. Der Firmengrün­der entgegnet dem folgenderm­aßen: „Das ist doch nur ein Trivialnam­e.“

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