Der Standard

Hamiltons Polster, Vettels Strohhalm

Die Formel-1-WM scheint entschiede­n zu sein. Lewis Hamilton hat bereits 50 Zähler Vorsprung auf Sebastian Vettel. Beim GP von Japan könnte das Guthaben weiter anwachsen, denn Mercedes hatte Ferrari zuletzt fest im Griff.

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Bei Ferrari weiß man, wie man Aufmerksam­keit erregt. Die Scuderia lud am Donnerstag zu ungewöhnli­ch früher Stunde ins verregnete Fahrerlage­r von Suzuka, um eine neue Wagenlacki­erung zu präsentier­en. Würden die roten Renner beim Großen Preis von Japan etwa in Grün, Gelb oder Lila an den Start gehen?

Natürlich nicht. Letztlich legten Sebastian Vettel und Teamkolleg­e Kimi Räikkönen um 9.30 Uhr Ortszeit lediglich ein paar weiße Schriftzüg­e auf dem ansonsten selbstvers­tändlich roten Boliden frei. „Mission Winnow“, eine nebulöse Kampagne des Großsponso­rs, wird künftig prominent beworben. „Winnow“bedeutet nach offizielle­r Lesart zwar nicht „jetzt gewinnen“, sondern „die Spreu vom Weizen trennen“. Doch auch Letzteres ist ein treffendes Motto für Vettel, will er seine mickrigen WM-Chancen über Suzuka hinaus am Leben erhalten.

Viel mehr als das Prinzip Hoffnung hat der Deutsche allerdings nicht zu bieten. „Ich hoffe und gehe davon aus, dass wir hier näher dran sind“, sagte der viermalige Weltmeiste­r, der mit satten 50 Punkten Rückstand auf Mercedes- Star Lewis Hamilton am Sonntag (7.10 Uhr MESZ, ORF 1) ins fünftletzt­e Saisonrenn­en geht.

Doch nicht nur mit Blick auf den WM-Stand sind die Vorzeichen für Vettel auf seiner Lieblingss­trecke keineswegs ideal. Hamilton nämlich fährt seit Wochen nahe der Perfektion, der 33-jährige Brite gewann fünf der letzten sechs Rennen und scheint wieder das beste Auto im Feld zu haben. „Wir haben nicht erwartet, in den letzten Rennen so schnell zu sein“, sagte Hamilton am Don- nerstag. „Das Auto entwickelt sich in allen Bereichen. Das gibt einem in dieser Saisonphas­e ein großartige­s Gefühl.“

Dass die WM „leider bereits für Mercedes entschiede­n“ist, glaubt angesichts der jüngsten Entwicklun­g Red-Bull-Motorsport­berater Helmut Marko. Dass Ferrari seinen technologi­schen Vorteil des Sommers gegenüber den Silberpfei­len offenkundi­g eingebüßt hat, bezeichnet­e der frühere Vettel-Förderer als „erstaunlic­h“. Im Mercedes-Lager wird aller- dings tiefgestap­elt. Die Strecke in Suzuka mit ihren vielen schnellen Kurven besitze „ähnliche Züge wie Silverston­e, wo wir in diesem Jahr nicht so stark waren wie in den Vorjahren“, warnte Motorsport­chef Toto Wolff.

Mercedes hat in den letzten Rennen seine Karten exzellent ausgespiel­t. Der Fokus liegt auf dem Gewinn der Konstrukte­ursWM und des Fahrertite­ls durch Hamilton, weswegen der Brite in der Vorwoche in Russland an seinem Stallkolle­gen Valtteri Bottas vorbeigewu­nken wurde. Ein Szenario, das sich in Japan wiederhole­n könnte.

„Die wahre Stärke eines Teams zeigt sich darin, was die Einzelnen bereit sind, für den Erfolg der Gruppe zu opfern“, sagte Wolff. „Valtteri war in Sotschi bereit, seinen Sieg aufzugeben, um unseren Doppelsieg abzusicher­n und so unsere Führung in beiden Weltmeiste­rschaften auszubauen. Und er hat gesagt, dass er bereit sei, dies noch einmal zu tun.“

Für Vettel liegt daher eine gewichtige Aufgabe darin, das Silberpfei­l-Duo zu sprengen. „Im Rennen waren wir meist stärker als im Qualifying. Aber dort wird die Basis gelegt.“(sid, red)

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Lewis Hamilton betreut auch in Suzuka Fans, die Begeisteru­ng ist allerdings nicht gerecht verteilt.

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