Die Liebe ist ein Heiligtum
Mit Angelin Preljocajs Ballett „Roméo et Juliette“, dem Zirkus „Tabarnak“und dem Tanzstück „Kreatur“von Sasha Waltz öffnet das Festspielhaus St. Pölten die Tore zu den wahren Dingen des Lebens: Amour und Liberté.
Probleme überall. Eigentlich wäre die Zeit reif für ordentliche Weltuntergangsstimmungen. Aber solche sind historisch gründlich erprobt. Die Erkenntnis lautet: Die Hingabe an apokalyptische Gefühle hat immer alles nur noch schlimmer gemacht. Nicht gut sind: Leidenskult, Zynismus, Verdrängung.
Besser schon scheint’s, Abstand vom täglichen Druck zu nehmen und zu sehen, wo das Gute liegt.
Also raus aus der Dauerdusche von Fake-News und FacebookGehässigkeiten. Sich nicht in ein „Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen“drängen lassen, sondern auf Wesentliches fokussieren. Das wäre dann gelebte Auf- klärung im Sinn des Philosophen Immanuel Kant.
Freiheit beispielsweise gehört zu den wesentlichsten Bedingungen des Lebens. Die Liebe auch.
Wie kann man spüren, was Freiheit außerhalb von Weisheiten à la „Freiheit ist, wenn dein Datenvolumen so groß ist wie eure Liebe“heißt? Hier ist das Gute ganz nah. Gerade auch im Tanz gibt es große Stimmungsbilder über Freiheit (und Liebe) zu erleben.
Etwa bei Roméo et Juliette des aus Albanien stammenden franzö- sischen Choreografen Angelin Preljocaj. Oder in Kreatur, dem neuesten Werk der Berlinerin Sasha Waltz. Beide Stücke bringen große Compagnien auf die Bühne und sind demnächst im Festspielhaus St. Pölten zu sehen.
Sie nehmen sich die Freiheit
Preljocaj hat Shakespeares Geschichte über die Liebe zweier Youngsters, die aus rivalisierenden Familien stammen, in eine fiktive Gegenwart versetzt. Da kommt Juliette aus einer autoritär herrschenden Oberschicht und Roméo aus der beherrschten Unterschicht. Trotz der daraus erwachsenden Barrieren beanspruchen die beiden die Freiheit, sich ineinander zu verlieben.
Während Roméo et Juliette, das vor fast dreißig Jahren uraufgeführt wurde, heute als Klassiker gilt, ist Sasha Waltz’ Kreatur brandneu. Und ebenso aktuell. Es geht um Machtspiele und Isolation versus Freiheit und Gemeinschaft.
Einen Kontrapunkt zu diesen Auseinandersetzungen liefert der kanadische Cirque Alfonse in seiner Pop-Messe Tabarnak: Akrobatik in der Kulisse einer Kirche mit hochfliegenden Träumen bei Folk- und Rockklängen sowie liturgischen Gesängen.
Das ist ergo kein Kinderprogramm, sondern eine intensive Aufführung für Erwachsene.
Zum Thema Freiheit passen übrigens auch das Tanzstück für Jugendliche #fomo – the fear of missing out der österreichischen Gruppe Hungry Sharks und Hofesh Shechters Grand Finale, ein dramatischer Kampf gegen bedrückende Endzeitstimmungen. „#fomo – the fear of missing out“: 2. 11.; „Roméo et Juliette“: 24. und 25. 11.; „Tabarnak“: 30. 11. und 1. 12.; „Kreatur“: 8. 12.; „Grand Finale“: 31. 1. 2019