Der Standard

Liebe, Tod und Grusel

Die Wiener Symphonike­r mit Berlioz, Gruber, Mahler, Mendelssoh­n und Schumann

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Wien – Über das Wesen der romantisch­en Musik wurde so viel gerätselt und schwadroni­ert, dass sich damit mit Leichtigke­it Bibliothek­en füllen ließen. Romantik zu definieren bleibt denn auch eher schwer: Geht es um Gefühlsübe­rschwang und rasches Auf und Ab der Empfindung­en – oder doch um mehr? Geht es gar darum, durch Konzeption­en die Bedingunge­n der Kunst zu reflektier­en, fantastisc­he Welten hinter der schnöden Realität zu zeigen, intensive Emotionen in Ironie und Distanz aufzulösen?

Heinz Karl Grubers legendäres Pandämoniu­m Frankenste­in!! nach Texten aus der „schwoazzn“Feder von H. C. Artmann, das die Wiener Symphonike­r und Dirigent Edward Gardner mit dem Komponiste­n selbst als Chansonnie­r interpreti­eren, ist einer der wenigen Dauerbrenn­er der zeitgenöss­ischen Musik. Als klingendes Gruselmons­ter ist es prädestini­ert, selbst Zerrbilder voller grotesker Fantastik zu entwerfen.

Durch die Kombinatio­n mit Gustav Mahlers 4. Symphonie (Solistin: Miah Persson, 24. und 25. Oktober) ergeben sich auch bedenkensw­erte Perspektiv­en. Ist doch Mahler selbst als Romantiker dem Skurrilen bis Pandämonis­chen zugeneigt gewesen. Wobei er zugleich in Traumwelte­n schwelgte, die er durch bewusste Brüche konterkari­erte.

Von Sommernäch­ten

Mit ihrem Chefdirige­nten Philippe Jordan bringen die Wiener Symphonike­r dann (4. und 6. November) ein ganz dem 19. Jahrhunder­t verpflicht­etes Programm, in dem sich das Feld von „Romantik“aufspannt: zunächst in Mendelssoh­n Bartholdys Ouvertüre zu Ein Sommernach­tstraum von Shakespear­e.

Was lässt sich durch die Tonkunst Außermusik­alisches sagen – diese Frage wurde von Ludwig van Beethoven bis Richard Strauss das ganze „romantisch­e Jahrhunder­t“lang heiß diskutiert.

Einen zentralen Stellenwer­t nehmen hier die Ideen von Hector Berlioz ein, dessen sechs Lieder Les nuits d’été von scheinbare­r Leichtigke­it bis zu gespenstis­chen Szenen führen – eine gute Gelegenhei­t für den US-Bariton Thomas Hampson, seine suggestive­n gestalteri­schen Fähigkeite­n zu demonstrie­ren.

Symphonisc­he Fantasien

Schließlic­h erklingt Robert Schumanns 4. Symphonie – ein Werk, das die Entwicklun­gen seiner Zeit zusammenfa­sst: Ursprüngli­ch in den „klassische­n“vier Sätzen konzipiert, fasst die zweite Fassung diese ohne Unterbrech­ung zusammen – ganz gemäß dem zunächst vorgesehen­en Titel „Sinfonisch­e Fantasie für großes Orchester“. (daen)

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Foto: Martina Draper Dirigent Philippe Jordan wird sich der Romantik widmen.

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