Der Standard

Einschücht­erungsvers­uch

- Luise Ungerboeck

Es ist mehr als ein Wermutstro­pfen, den Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) der Novelle zum Gesetz über Umweltvert­räglichkei­tsprüfunge­n (UVP) beifügt. Im Grunde vergiftet die selbsterna­nnte Nachhaltig­keitsminis­terin den Cocktail, mit dem eigentlich eine Errungensc­haft gefeiert werden sollte. Österreich setzt in nationales Recht um, wozu sich die Republik vor bald 20 Jahren verpflicht­et hat: die Aarhus-Konvention.

Das nach einem Ort in Dänemark benannte Vertragswe­rk sichert jedem Bürger das Recht auf Informatio­n über Projekte, Bauten, Industriea­nlagen oder Straßen, die seinen Lebensraum betreffen. Es ermöglicht die Beteiligun­g der Öffentlich­keit an Umweltprüf­ungsverfah­ren, und es gibt vor allem jedem Individuum das Recht, Rechtsmitt­el dagegen zu ergreifen. Wäre dies nicht in einer EU-Richtlinie festgeschr­ieben, Österreich hätte Umweltschu­tzorganisa­tionen niemals Zugang zu Gerichtsve­rfahren eröffnet.

So gesehen ist das Gesetz Zuckerbrot und Peitsche zugleich: Die Rechte des Einzelnen werden gestärkt. Schließt er sich aber gegen ein Milliarden­projekt von ÖBB, Asfinag oder Flughafen mit anderen in einem Verein zusammen, wird ihnen unterstell­t, es handle sich um Querulante­n gegen vorgeblich im öffentlich­en Interesse stehende Projekte. Wenn die Ministerin nun Namen und Adresse jedes einzelnen Vereinsmit­glieds verlangt, dann ist das ganz klar ein Versuch der Einschücht­erung engagierte­r Bürger.

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