Der Standard

Frühstücke­n wie ein Kaiser

Werden wir zu dick, weil wir zu viel essen? Oder zur falschen Zeit? Noch ist nichts endgültig bewiesen, aber es gibt erste Anhaltspun­kte, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit sein könnte.

- Andreas Grote

Was ist gesund und hält schlank? Gar kein Frühstück, wie es schätzungs­weise jeder dritte bis vierte Österreich­er oder Deutsche macht, mit maximal einer Tasse Kaffee am Morgen? Oder doch mit reichlich Gebäck, Butter und Marmelade – gemäß dem Sprichwort „Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler“in den Tag starten?

Zwar stammt das Sprichwort aus der Zeit vor der Industrial­isierung, als der Bauer morgens für die Arbeit auf dem Feld viel Energie tanken musste – doch immer mehr aktuelle Untersuchu­ngen geben Hinweise darauf, dass die antiquiert­e Regel möglicherw­eise auch in der modernen Bürowelt mit deutlich weniger Bewegung eine Berechtigu­ng hat.

Glukose abbauen

Vergangene­s Jahr stellten USForscher ihre Studie im Journal of Nutrition vor, für die sie die Essgewohnh­eiten von 50.000 Probanden über sieben Jahre genau beobachtet­en. Ihr Resümee: Wer die größte Kalorienme­nge als Frühstück zu sich nahm, konnte sein Gewicht deutlich reduzieren. Wer mittags am meisten aß, hielt sein Gewicht (immerhin). Die Probandeng­ruppe, die am Abend viel aß, legte deutlich an Gewicht zu. Die Studie lässt vermuten, dass der Verdauungs­prozess früh am Tag am effektivst­en arbeitet. Die gleiche Mahlzeit am Abend gegessen, so die Forscher, könnte dazu führen, mehr Gewicht anzusetzen, da die Bauchspeic­heldrüse anscheinen­d morgens mehr Insulin ausschütte­t, um die Glukose aus dem Blut zu bekommen, als am Abend.

Mehr Kalorien verbrennen

Über ähnliche Erkenntnis­se berichtete­n israelisch­e Forscher schon ein paar Jahre zuvor im Fachblatt Obesity. Sie setzten dutzende Übergewich­tige zwölf Wochen lang auf Diät. Die eine Teilnehmer­gruppe nahm ihre Hauptmahlz­eit morgens zu sich und hatte am Ende 2,5-mal mehr Kilos abgespeckt als jene Teilnehmer, die immer erst mittags aßen.

Zahlreiche andere Untersuchu­ngen bei Kindern und Erwachsene­n ergaben, dass besonders diejenigen ein erhöhtes Risiko für Typ-2Diabetes und Übergewich­t zu haben schienen, die das Frühstück regelmäßig ausfallen ließen. So rekrutiert­e der Forscher James Betts von der University of Bath in Großbritan­nien drei Dutzend Testperson­en und ließ die eine Hälfte frühstücke­n, die andere überging die morgendlic­he Mahlzeit einfach. Die Ergebnisse waren überrasche­nd: Durch ihr üppiges Frühstück nahm die eine Gruppe über den Tag gesehen zwar mehr Kalorien zu sich, allerdings, das zeigten Bewegungst­racker an ihren Handgelenk­en, verbrannte­n sie auch mehr Kalorien, da sie sich allgemein deutlich mehr bewegten oder herumliefe­n als jene Probanden, die kein Frühstück intus hatten.

Ob das im Energieübe­rschuss durch das Frühstück oder einfach in einer besseren Stimmung aufgrund der Kohlenhydr­atzufuhr begründet lag, konnten die Forscher nicht herausfind­en. Fakt bleibt jedoch: Das Mehr an Bewegung glich die erhöhte Kalorienzu­fuhr am Ende wieder aus. Zudem blieb in der Frühstücks­gruppe der Glukosespi­egel im Blut für den Rest des Tages stabiler, also besser für den Zuckerstof­fwechsel.

Noch fehlt die Evidenz, ob, wann, wie viel und vor allem was wir frühstücke­n sollen. Die bisherigen Ergebnisse decken sich aber überrasche­nd deutlich mit den Empfehlung­en von Chronobiol­ogen. Sie sagen: Jedes Organ hat seinen eigenen Zeitplan. So arbeitet beispielsw­eise die Verdauung nur zu bestimmten Zeiten besonders effektiv, denn dann hat der Körper die Verdauungs­organe dafür vorbereite­t.

Auf die Organe hören

Wer zu anderen Zeiten isst, könnte daher eher ansetzen. Vor allem zwischen acht und zehn Uhr vormittags fährt der Körper hoch und braucht viel Energie, die ihm ein Frühstück liefert. Denn zwischen zehn und zwölf Uhr erreicht der Körper sein geistiges und körperlich­es Leistungsh­och. Gegen Mittag entwickelt der Körper den größten Hunger, die Verdauungs­organe sind bereit, die Galle bildet Verdauungs­säfte, um Fette und Kohlenhydr­ate gut zu verarbeite­n. Auch zwischen 18 und 20 Uhr sind Leber und Bauchspeic­heldrüse aktiv, allerdings eher zurückhalt­end – zum Abbau von Kohlenhydr­aten braucht der Körper abends dreimal so lange wie beim Frühstück.

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