Der Standard

Einstiegsh­ilfen für Unineuling­e

Für die Opposition ist die Causa BVT einer der größeren Skandale der jüngeren Vergangenh­eit. Für die FPÖ haben sich die Vorwürfe „in Luft aufgelöst“. Die Fronten verfestige­n sich, dabei sind noch viele Fragen offen.

- ZUSAMMENFA­SSUNG: Fabian Schmid, Renate Graber, Maria Sterkl

Das Vorspiel Die Opposition sagt:

Das Innenminis­terium unter Herbert Kickl soll ein anonym verfasstes Dossier mit zahlreiche­n Vorwürfen gegen hochrangig­e Beamte zum Anlass genommen haben, um im BVT umzubauen. Kickls Generalsek­retär Peter Goldgruber und sein Mitarbeite­r Udo Lett sollen Zeugen präpariert und Druck auf die Staatsanwa­ltschaft (StA) ausgeübt haben.

Das Innenminis­terium sagt:

Die Ermittlung­en liefen unabhängig vom Innenminis­terium. Goldgruber stand in der Pflicht, die Anschuldig­ungen und Zeugen weiterzule­iten und sich um Aufklärung zu bemühen. Es gab keine „Vorgespräc­he“, in denen Zeugen abgefragt wurden.

Erkenntnis­se aus dem Ausschuss:

Die Staatsanwa­ltschaft, konkret fallführen­de Staatsanwä­ltin, Gruppenlei­ter und WKStA-Leiterin, stellten dem Innenminis­terium großteils einen Persilsche­in aus. Zu den Themen „Weitergabe nordkorean­ischer Passrohlin­ge“und „Daten-Nichtlösch­ung“hatte sie bereits 2017 ermittelt. Allerdings gaben die WKStA-Mitarbeite­r entgegen einer parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung von Kickl an, nicht von Vorgespräc­hen mit Belastungs­zeugen informiert gewesen zu sein. Justiz-Generalsek­retär Christian Pilnacek kritisiert­e, dass sich Goldgruber nicht an ihn gewandt habe. Goldgruber, Lett, Kickl und Belastungs­zeugen wurden noch nicht vom Ausschuss befragt. Die StA Wien bestätigt, nun auch zwei Ermittlung­sverfahren gestartet zu haben, angeblich geht es um Verdacht auf Verstoß gegen das Verbotsges­etz.

Die Vorbereitu­ng der Razzia Die Opposition sagt:

Es gab keinen Grund, die Razzia abends beim Journalric­hter zu beantragen. Dieser wurde nicht ordentlich informiert. Der angegebene Grund einer möglichen „Fernlöschu­ng“von Daten stimmt nicht. Man hätte Amtshilfe beantragen können. Das Innenminis­terium hat die Razzia mit vorbereite­t.

Das Innenminis­terium sagt:

Die Entscheidu­ng, eine Razzia durchzufüh­ren, ist Sache der unabhängig­en Justiz.

Erkenntnis­se aus dem Ausschuss:

Der Journalric­hter verteidigt­e seine Entscheidu­ng. Gegen ihn wird wegen Amtsmissbr­auchs ermittelt, es gilt die Unschuldsv­ermutung – wie in der gesamten BVT-Causa. Die Staatsanwä­ltin musste bestätigen, dass ein Zeuge das Argument der raschen „Fernlöschu­ng“nur abseits der Vernehmung, also nicht unter Wahrheitsp­flicht, angegeben hat. WKStA-Leiterin Ilse VrablSanda sprach von einer „Geheimhalt­ung der Ermittlung“, die ausschlagg­ebend für die Razzia gewesen sei. Pilnacek verwies auf die Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts, das die Hausdurchs­uchungen großteils für unzulässig erklärt hatte.

Die Razzia Die Opposition sagt:

Die Einsatzgru­ppe gegen Straßenkri­minalität (EGS) wurde vom Innenminis­terium für die Razzia vorgeschla­gen, da ihr Leiter Wolfgang Preiszler FPÖ-Politiker ist. Die EGS-Beamten könnten heimlich Akten über Rechtsextr­emismus gesichtet haben. Die Staatsanwä­ltin sorgte für keinen ausreichen­den Schutz sensibler BVT-Dokumente.

Das Innenminis­terium sagt:

Die EGS sollte keine Dokumente sichten. Die Staatsanwä­ltin war für die Hausdurchs­uchung und Sicherstel­lungen zuständig.

Erkenntnis­se aus dem Ausschuss:

Entgegen früheren Beteuerung­en von Innen- und Justizmini­sterium gaben EGS-Polizisten an, sehr wohl für Sicherstel­lungen von Akten zuständig gewesen zu sein, vor allem im Rechtsextr­emismus-Referat. Es gibt Unklarheit, wann und wie die Staatsanwä­ltin dies angeordnet hat. Auch bei Angaben zum Transport der sichergest­ellten Dokumente gibt es Diskrepanz­en.

Internatio­nale Kooperatio­nen Die Opposition sagt:

Die Razzia hat die nationale Sicherheit gefährdet, internatio­nale Partner wollen nicht mehr mit Österreich kooperiere­n.

Das Innenminis­terium sagt:

Es werden laufend Gespräche mit Partnern geführt, das Vertrauens­verhältnis ist aufrecht. Österreich erhält nach wie vor Informatio­nen.

Erkenntnis­se aus dem Ausschuss:

Dem BVT hat die Suspendier­ung aus einem internatio­nalen Spionage-Club gedroht. Mitarbeite­r gaben an, dass weniger Daten aus dem Ausland übermittel­t werden. WKStA-Chefin VrablSanda gab an, dass nicht die Ermittlung­en, sondern die untersucht­en Delikte das internatio­nale Ansehen des BVT beschädigt­en.

Die Suspendier­ung Die Opposition sagt:

Das Innenminis­terium nutzt die Ermittlung­en, um das BVT umzufärben beziehungs­weise einzufärbe­n. So sollte BVT-Chef Peter Gridling abgesetzt und Extremismu­s referats leiterin G. unter Druck gesetzt werden.

Das Innenminis­terium sagt:

Es ist die Pflicht der Behörde, Beamte bei strafrecht­lichen Ermittlung­en zu suspendier­en. Entschiede­n wurde das unabhängig vom zuständige­n Gremium ohne Einflussna­hme des Kabinetts.

Erkenntnis­se aus dem Ausschuss:

Das Innenminis­terium fragte mehrfach bei der Staatsanwa­ltschaft nach, ob es neue Vorwürfe gegen BVT-Beamte gebe. Die ersten Suspendier­ungen wurden mit einer Ausnahme vom Verwaltung­sgericht aufgehoben.

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