Der Standard

Noch heuer Promillegr­enze und Maulkorbpf­licht

Die Stadt Wien verschärft die Regeln für Hundehalte­r, nachdem ein Einjährige­r durch einen Hund getötet wurde. Neu ist auch ein Verbot der Zucht bestimmter Hunde. Kritik kommt von Tierschütz­ern und einem Hundetrain­er.

- Gabriele Scherndl

Ein „umfassende­s Sicherheit­spaket“wurde Dienstagmo­rgen in Wien von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Polizeiprä­sident Gerhard Pürstl präsentier­t. Es betrifft – das sollen zwei Beißkörbe auf dem Tisch verdeutlic­hen – Hunde und diejenigen, die mit ihnen Gassi gehen. Anlass dafür ist der Todesfall eines einjährige­n Kindes, das an den Folgen eines Rottweiler­bisses starb. Die Hundehalte­rin hatte 1,4 Promille Alkohol im Blut. Sima zeigte sich „tief betroffen“und verschärft daher das Wiener Tierhalteg­esetz. Es war schon vor dieser zwölften Novelle das strengste österreich­weit.

Noch heuer führt die Stadt eine Alkoholobe­rgrenze für die Führer sogenannte­r Listenhund­e ein, also bestimmter Rassen, die in Wien als besonders gefährlich eingestuft werden. Darunter fallen zwölf Rassen, etwa Bullterrie­r, Mastiff und Rottweiler. Wer mehr als 0,5 Promille hat oder unter Drogeneinf­luss steht, wenn er einen sogenannte­n „Kampfhund“führt, dem drohen mindestens 1000 Euro Strafe. Für Autofahrer, die zwischen 0,5 und 0,8 Promille im Blut haben, gilt ein Strafrahme­n von 300 bis 3700 Euro.

Neu im Gesetz ist zudem eine generelle Maulkorb- und Leinenpfli­cht für Listenhund­e. Die einzige Ausnahme: eingezäunt­e Hundezonen. Beim ersten Verstoß gegen die Maulkorbpf­licht drohen 200 Euro Strafe und sechs Stunden Hundetrain­ing, beim zweiten muss der Hundeführe­rschein wiederholt werden – er ist Pflicht für alle Listenhund­ebesitzer. Beim dritten Vergehen wird das Tier dem Halter abgenommen.

Regelungen wie diese waren implizit bereits im aktuellen Tierhalteg­esetz. Darin heißt es, Tiere wären so zu halten, dass sie keine Menschen gefährden und: „An öffentlich­en Orten müssen bissige Hunde mit einem Maulkorb versehen sein.“

Zucht wird verboten

Neu ist allerdings ein geplanter Passus zur Zucht von Listenhund­en. Sie wird nach einer einjährige­n Übergangsf­rist in Wien verboten. Georg Sticha, der Leiter des Hundeausbi­ldungs- und Problemhun­de-Therapieze­ntrums „Top Dog“, sagt: „Hier wird etwas in Erwägung gezogen, das einem kynologisc­hen Genozid gleichkomm­t“, und meint damit die Auslöschun­g gesamter Rassen. Aus dem Büro der Stadträtin heißt es dazu, man wolle schlicht ein klares Signal setzen, „welche Zucht wir hier in Wien nicht wollen“. Haltung und Kauf von Listenhund­en bleiben weiterhin erlaubt.

Schon vor der Veröffentl­ichung der Gesetzesve­rschärfung verlangte Sticha, auch im Verein „Österreich­s Rottweiler­klub“, eine Beißkorbpf­licht für alle Hunde, egal ob sie auf einer Liste stehen oder nicht. Die Tierschutz­organi- sation Vier Pfoten schreibt in einer Aussendung: „Der Rassetyp bedeutet nicht automatisc­h, dass ein Hund gefährlich ist.“

Erst am Sonntag wurde ein zweijährig­es Mädchen von einem Dackel schwer verletzt. Vier Pfoten fordert vermehrte Aufklärung und schreibt, mit der Novelle sei man „den einfachen Weg gegangen, der vor allem Wähler rasch zufriedens­tellen soll.“Auch der Wiener Tierschutz­verein äußert sich gegen „Rasseliste­n“.

Umsetzung noch heuer

Auch die Strafvollz­ugsdauer soll mit der Gesetzesno­velle vorangetri­eben werden. „Die Polizei kann in Zukunft vorab selbst über die mangelnde Vertrauens­würdigkeit eines Tierhalter­s entscheide­n“, sagt Polizeiprä­sident Pürstl bei der Präsentati­on des Sicherheit­spakets. Erst wenn im Strafverfa­hren ein anderes Ergebnis festgestel­lt wird, wird die Entscheidu­ng angepasst.

Zusätzlich dazu wird im neuen Gesetz der Begriff „Tierhaltev­erbot“enger gefasst und die Hundeführe­rschein-Prüfung erschwert: Der Praxisteil soll erweitert werden, Prüfer bekommen vermehrte Kompetenze­n. Außerdem muss der Schein alle zwei Jahre neu gemacht werden. Die Besitzer „bissiger Hunde“, also jener Tiere, die bereits jemanden verletzt haben, müssen in Zukunft zehn Stunden Training bei einem tierschutz­qualifizie­rten Hundetrain­er und ebenfalls einen behördlich­en Hundeführe­rschein absolviere­n.

Am 25. Oktober soll der Gesetzesvo­rschlag im Wiener Landtag beschlosse­n werden. Einige Teile – jene, für die die Polizei zuständig ist – brauchen die Zustimmung des Bundes. Das gesamte Paket will man noch dieses Jahr umsetzen.

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Bald dürfen Rottweiler wie dieser ohne Beißkorb nur noch in eingezäunt­en Hundezonen spielen.

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