Der Standard

Neuer Fiskalrat-Chef Gottfried Haber

Ökonom Gottfried Haber ist neuer Präsident des Fiskalrats. Trotzdem ist nicht ausgeschlo­ssen, dass ihn die ÖVP in die Notenbank schickt.

- Renate Graber

Der Fiskalrat hat einen neuen Chef. Am Mittwoch hat die Regierung den 45-jährigen Wiener Ökonomen Gottfried Haber zum Präsidente­n jenes Gremiums bestimmt, das Regierung und Parlament in Sachen Finanzpoli­tik und Einhaltung der Fiskalrege­ln berät. Haber hat an der Uni Klagenfurt gelehrt, unterricht­et seit 2012 an der Donauuni Krems (Wirtschaft und Gesundheit sowie Wirtschaft­s- und Finanzpoli­tik) und sitzt seit 2013 im Generalrat der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB). Er folgt Bernhard Felderer, dessen Stellvertr­eter er im Fiskalrat ab 2013 war.

Der ambitionie­rte Triathlet (Schwimmen, Radfahren, Laufen) zählt schon länger zur Personalre­serve der ÖVP und war schon 2014 als potenziell­er Finanzmini­ster im Gespräch. Geworden ist es dann aber Hans Jörg Schelling. Auch bei der jüngsten türkis-blauen Regierungs­bildung wurde der Ökonom, der laut eigener Zählung mehr als hundert Publikatio­nen veröffentl­icht hat und in der Wissenscha­ftscommuni­ty trotzdem nicht auffällt, wieder als Finanzmini­ster genannt. Ihn selbst ziehe es aber gar nicht in politische Funktionen, beteuert Haber im Gespräch mit dem STANDARD, er analysiere lieber.

Jobsammler

Politisch wolle er sich „nicht in ein ideologisc­hes Korsett einschnüre­n lassen“, meint der Vater eines 13-jährigen Sohnes. Als „wirtschaft­s- und marktwirts­chaftlich orientiert“beschreibt er sich, „als reiches Land kann und soll sich Österreich aber auch einen guten Sozialstaa­t leisten“, sagt er dazu. Er selbst sei etwa in Vorstand und Aufsichtsr­at der Caritas Wien.

Abgesehen davon füllt die Aufzählung der Funktionen des Uniprofess­ors auf dessen Homepage mindestens eine A4-Seite, die Aufzählung seiner „Fachgebiet­e“(wie Wirtschaft­spolitik, angewandte Ökonometri­e, IT) eine halbe Seite.

Seine Auftritte und Stellungna­hmen zu Wirtschaft­sfragen sind häufig, was einen Beobachter einmal zur Bemerkung verleitete, Haber sei „der Peter Filzmaier der Ökonomie“. Der Politikwis­senschafte­r liefert oft Analysen zur österreich­ischen Innenpolit­ik. Den Fiskalrat, als dessen Präsident er nur der Stabilität der öffentlich­en Haushalte verpflicht­et sei, möchte Haber öffnen. Das Gremium solle nicht nur Watchdog der Regierung sein; er wolle auch der Gesellscha­ft den Status quo der Staatsfina­nzen und Szenarien zur Erreichung der Stabilität erklären.

All das ändert nichts an den Gerüchten zur an- stehenden Besetzung des Direktoriu­ms der OeNB, in denen Haber auch eine Rolle spielt. Er war als Präsident gehandelt worden, das ist nun aber Wirtschaft­skammerche­f Harald Mahrer (ÖVP). Nun wird Haber als Kandidat fürs Direktoriu­m genannt. Die Ausschreib­ung der vier Jobs erfolgt noch im Oktober, der nächste Gouverneur (Robert Holzmann) steht fest, ihn will die FPÖ.

Wer sonst noch ins Direktoriu­m einzieht, hängt davon ab, wie die Regierung die Bankenaufs­icht umstruktur­iert. Sollte sie wirklich in die FMA übersiedel­n, dürfte ein Direktoriu­msjob in der OeNB wegfallen. Die OeNB ist sehr dagegen.

Unterstütz­t wird sie in ihrem Kampf um Aufsicht und Direktoren­jobs – ausgerechn­et – von jenen Blauen, die gerade erst in den Generalrat eingezogen sind und nicht gleich wieder Macht abfließen lassen wollen: von Barbara Kolm (Vizepräsid­entin) und Generalrat­smitglied Peter Sidlo.

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Foto: APA/Fohringer Gottfried Haber zählt zur Personalre­serve der ÖVP.

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