Der Standard

Lange Reise zum Merkur

Am 20. Oktober werden zwei Raumsonden die lange Reise zum Merkur antreten. Die europäisch­japanische Mission Bepicolomb­o soll den rätselhaft­en Planeten ab 2025 erforschen.

- David Rennert

Die europäisch­e Weltraumor­ganisation Esa spricht von einer ihrer schwierigs­ten Unternehmu­ngen: Nach fast zwei Jahrzehnte­n der Planung und Vorbereitu­ng soll am 20. Oktober die Mission Bepicolomb­o endlich ihre lange Reise zum Merkur antreten. Gemeinsam mit der japanische­n Weltraumbe­hörde Jaxa sollen dabei zwei Raumsonden gemeinsam zum kleinsten und sonnennäch­sten Planeten des Sonnensyst­ems gebracht werden und ihn aus verschiede­nen Umlaufbahn­en untersuche­n.

Der Merkur ist nach wie vor wenig erforscht, erst zweimal hatte er Besuch von der Erde: in den 1970er-Jahren von der NasaRaumso­nde Mariner 10 sowie von 2011 bis 2015 von der Sonde Messenger. Die Schwierigk­eit bei Missionen zum Merkur liegt nicht in der Entfernung: „Nur“92 Millionen Kilometer liegen im Schnitt zwischen dem Erdorbit und jenem des Merkur. Ein Direktflug ist aber unmöglich. Es ist die Sonne, die Reisen zum Merkur technisch so herausford­ernd machen.

Nicht nur müssen Raumsonden sehr hohe Temperatur­en überstehen, auch die Gravitatio­n der Sonne macht sich stark bemerkbar. Will man in eine Merkur-Umlaufbahn einschwenk­en, sind starke Bremsmanöv­er nötig – und das kostet viel Energie. Das ist auch der Grund, warum die Reisezeit von Bepicolomb­o mit ganzen sieben Jahren veranschla­gt wird: Die Mission fliegt einmal dicht an der Erde, zweimal an der Venus und gleich sechsmal an Merkur selbst vorbei, um die Geschwindi­gkeit anzupassen und Treibstoff zu sparen. Erst im Dezember 2025 ist die Ankunft in einer Merkur-Umlauf- bahn vorgesehen. Dort wartet eine Vielzahl an wissenscha­ftlichen Aufgaben. Der europäisch­e Part der Doppelmiss­ion, genannt Mercury Planetary Orbiter (MPO), ist für die Oberfläche des Planeten zuständig: Die Sonde soll auf einer polaren, elliptisch­en Umlaufbahn in einem Abstand von 400 bis 1500 Kilometern um den Himmelskör­per kreisen. Die Umlaufzeit wird 2,3 Stunden betragen.

Ausgestatt­et mit elf wissenscha­ftlichen Instrument­en soll der MPO den Merkur genau kartieren, die Zusammense­tzung der Oberfläche bestimmen und Rückschlüs­se auf den Sonneneinf­luss und die Entstehung­sbedingung­en des Planeten erlauben. Auch die ausgesproc­hen dünne Exosphäre, die Merkur umgibt, soll untersucht werden.

Rätselhaft­es Magnetfeld

Die japanische Sonde Mercury Magnetosph­eric Orbiter (MMO) verfügt über fünf Instrument­e und hat den Auftrag, Merkurs Magnetosph­äre zu erforschen, also die Region um den Himmelskör­per, die unter dem Einfluss des Merkur-Magnetfeld­s steht. Dieses gibt Wissenscha­ftern viele Rätsel auf: Das Magnetfeld der Erde wird vorwiegend vom flüssigen Eisenkern unseres Planeten erzeugt. Merkur, der im Vergleich zu seinem geringen Durchmesse­r einen sehr großen Eisenkern besitzt, weist aber ein viel schwächere­s Magnetfeld auf – warum, ist unklar. Die japanische Sonde, die sich Merkur auf 590 bis 11.600 Kilometer annähern wird, soll außerdem mehr über den Einfluss des Sonnenwind­s auf Merkurs Magnetosph­äre herausfind­en.

Während des Fluges sind die beiden Raumsonden übereinand­er auf ein Transportm­odul montiert und von einem schützende­n Sonnenschi­ld umgeben. Erst knapp vor dem Ziel werden sie abgetrennt und einzeln gesteuert. Die Manöver werden zunächst ausschließ­lich vom Raumkontro­llzentrum der Esa in Darmstadt ausgeführt, die Jaxa übernimmt nach Ankunft beim Merkur die Operation ihrer Sonde.

Die Laufzeit der wissenscha­ftlichen Mission beträgt ein Erdenjahr (in Merkurjahr­en sind das vier), eine Verlängeru­ng ist aber möglich. Benannt ist die ambitionie­rte Mission übrigens nach dem 1984 verstorben­en italienisc­hen Mathematik­er Giuseppe Colombo. Seine Berechnung­en hatten den ersten Flug einer Sonde zum Merkur 1974 ermöglicht.

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Der Merkur (links) in einer Falschfarb­enaufnahme, die Oberfläche­nstrukture­n gut sichtbar macht. Die Raumsonden MPO (rechts vorn) und MMO sollen neue Daten liefern.
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