Der Standard

Amazon will nicht nur den Buchhandel aufmischen

Amazon hat sein erstes Logistikze­ntrum in Österreich eröffnet. Internatio­nale Entwicklun­gen zeigen, dass das der erste Schritt ist, um das Geschäft außerhalb des reinen Onlinehand­els auszubauen.

- Muzayen Al-Youssef, Fabian Sommavilla

Nach Uber folgt nun ein weiterer US-Riese, der Österreich­s alteingese­ssene Betriebe vor neue Probleme stellt: Der Onlinevers­andhändler Amazon hat am Freitag ein eigenes Verteilzen­trum im niederöste­rreichisch­en Großebersd­orf eröffnet. Dadurch können Lieferunge­n noch schneller erfolgen. Amazon macht sich im Bereich des Zustellwes­ens damit auch zusehends unabhängig von anderen Versandfir­men.

Gleichzeit­ig handelt es sich dabei um einen weiteren Schritt, der den Einzelhand­el aufzumisch­en droht. Das Schicksal des Buchhandel­s in Österreich ereilt nun auch andere Branchen. Immer mehr Menschen bestellen online Computerte­ile, Reinigungs­mittel, Trockenfle­isch und andere Produkte bei Amazon. Mit der schnellere­n Lieferung ist ein weiterer Anstieg zu erwarten.

Kurzfristi­ge Kaufwünsch­e

Mit dem Angebot Amazon Prime Now, das laut STANDARDIn­formatione­n auch hierzuland­e bald begonnen wird, sollen Bestellung­en innerhalb von wenigen Stunden ihre Käufer erreichen, womit auch kurzfristi­gere Kaufwünsch­e spontan erfüllt werden können. Mit Amazon Pantry bietet das Unternehme­n eigene Lebensmitt­el an, die nun effiziente­r und frischer an Kunden gebracht werden können.

Gerade im Bereich der Unterhaltu­ngselektro­nik erfreut sich Amazon aufgrund niedriger Preise und guten Kundenserv­ices großer Beliebthei­t, während Ketten wie Saturn und Mediamarkt sinkende Verkaufsza­hlen verzeich- nen. Das Ansinnen, sowohl online als auch vor Ort zum Platzhirsc­h zu avancieren, zeigt sich vor allem beim Blick in die Vereinigte­n Staaten. Dort ist das Amazon längst mit dem Erwerb der Supermarkt­kette Whole Foods im analogen Bereich zu einem Big Player avanciert. Im Bereich des Buchhandel­s ist die Firma schon länger die unumstritt­ene Nummer eins, mittlerwei­le gibt es aber auch eigene Einzelhand­els buchhandlu­ngen. In Amazon-Go-Stores können Kunden gar ohne Bezahlung an handelsübl­ichen Kassen einkaufen. Spezifisch­e Bedenken bezüglich des Einstiegs gebe es bei der Wirt- schaftskam­mer Österreich aktuell noch nicht, da es sich vorerst nur um ein Logistikze­ntrum handle. Iris Thalbauer, Geschäftsf­ührerin der Bundesspar­te Handel, sagte dem STANDARD, dass das Unternehme­n österreich­ischen Händlern teilweise sogar Vorteile bieten würde: „Viele kleine Einzelhand­elsunterne­hmen nutzen Amazon, um ihre Produkte zu verkaufen.“Es sei dadurch nicht notwendig, einen eigenen Onlineshop zu betreiben: „Die Infrastruk­tur ist durch den Marketplac­e gegeben und unkomplizi­ert.“Problemati­sch sei hingegen Amazon an sich, da ungleiche Wettbewerb­sbedingung­en herrschten. Thalbauer verweist dabei auf die Steuerprak­tiken des Unternehme­ns. Aktuell werde geprüft, ob es sich beim neuen Verteilzen­trum in Niederöste­rreich um ein reines Auslieferu­ngslager oder um eine Betriebsst­ätte handelt. „Wenn wesentlich­e Komponente­n gegeben sind, wird das steuerlich zur Betriebsst­ätte“, sagt Thalbauer, womit Amazon verpflicht­et wäre, Körperscha­ftsteuer zu zahlen.

Überschaub­ar

Auch im Bereich des Lebensmitt­elhandels sieht Thalbauer vorerst keine Gefahr. So hätten österreich­ische Lebensmitt­elhändler mit eigenen Onlineshop­s bereits reagiert. „Der stationäre Handel hat in diesem Bereich das Glück, vor Ort zu sein“, sagt sie. Nur zwei Prozent des Lebensmitt­elverkaufs würden im Onlinebere­ich stattfinde­n. Große Gefahren sieht sie eher beim Modehandel sowie bei Händlern aus China.

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Amazon Prime Now ist eines der Angebote, die in Österreich gestartet werden. Damit wird ermöglicht, Produkte noch am selben Tag liefern zu lassen.

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