Der Standard

Der frische Nostalgike­r Arnautovic

Marko Arnautovic bestreitet am Freitag gegen Nordirland sein 75. Länderspie­l. Er freut sich aufs Wiedersehe­n mit Marc Janko und macht aus Mücken keine Elefanten.

- Christian Hackl

Marko Arnautovic sitzt im Kulturhaus von Bad Waltersdor­f, das Gebäude existiert tatsächlic­h, es liegt fast an der Hauptstraß­e, eingebette­t zwischen Thermen, Pensionen und Hotels. Nur Schwimmen, Saunieren und Brettljaus­envernicht­en reichen Einheimisc­hen und Gästen auf Dauer nicht, sie brauchen etwas für den Geist.

Das Fußballtea­m bereitet sich in der Steiermark auf zwei Länderspie­le vor, am Freitag (20.45 Uhr) kommen die Nordiren ins HappelStad­ion, das Match ist Pflicht, zählt zur Nations League. Am Dienstag tritt Österreich freundscha­ftlich in Herning gegen Dänemark an. Der Mittwoch war ein nostalgisc­her Tag, Marc Janko wurde von Teamchef Franco Foda nachnomini­ert, er ersetzt den angeschlag­enen Michael Gregoritsc­h. Der 35-jährige Stürmer ist eine Ikone des heimischen Kicks, hat in 66 Partien 28 Tore erzielt, weiß, wo der Kasten steht.

Am Sonntag gastierte er mit Lugano bei den Grasshoppe­rs, dort wehrt Heinz Lindner die Bälle ab. Janko saß auf der Bank, hat nach dem 1:2 Lindner gebeten, „alle schön grüßen zu lassen“. Lindner hat nun eine Aufgabe weniger zu erledigen, sagt: „Marc kann die Grüße selbst ausrichten.“Am Nachmittag traf Janko in Bad Waltersorf ein, um 17 Uhr trainierte er mit. Ein Jahr lang hatte er nicht dem Aufgebot angehört.

Arnautovic war vor dem Wiedersehe­n aus dem Häuschen. „Es ist eine große Freude. Er ist eine Superpersö­nlichkeit, kann uns immer helfen.“Arnautovic gönnt Janko „30 und mehr Tore“, anderseits sei er felsenfest überzeugt, „dass ich ihn sowieso einhole“. Der 29-Jährige ist enorm präsent, sowohl bei West Ham United als auch im Team, trotzdem versprüht er einen Hauch Nostalgie. Gegen Nordirland ist er schon zum 75. Mal im Einsatz. Arnautovic hält bei 19 Toren. Vor zehn Jahren hat er debütiert, am 11. Oktober 2008 wurde er beim 1:1 auf den Färöern von Karel Brückner eingewechs­elt. Brückner gab es wirklich.

Alters- und Verschleiß­erscheinun­gen lehnt Arnautovic ab. „Ich fühle mich wie 20, bei mir spielt es keine Rolle, wie alt ich bin. Ich bin fit wie vor fünf, sechs, sieben Jahren, habe noch viel vor.“Zum Beispiel will er Andreas Herzog als Rekord-Internatio­nalen (103) ablösen. „Es tut mir wirklich leid für Herzog.“

Arnautovic hat an Souveränit­ät massiv zugelegt und beschlosse­n, über den Dingen zu stehen, Mücken nur Mücken sein zu lassen und Elefanten abzuschaff­en. Vor einem Monat, nach dem 0:1 in Bosnien-Herzegowin­a, hat Edin Dzeko ein Foto von einem gemeinsame­n Abendessen in Sarajevo gepostet, um drei Uhr Früh hat er die gierigen sozialen Medien gefüttert. Die Aufregung war so groß wie belanglos.

„Ich verlange Respekt“

Arnautovic sagte im Bad Waltersdor­fer Kulturhaus: „Das Foto wurde viel früher aufgenomme­n, es wurde zelebriert, als hätte ich um drei Uhr bummzu mit Dzeko Party gemacht. Ich war freigestel­lt, niemand hat das Recht, über mein Privatlebe­n zu reden. Ich verlange Respekt, und ich gebe Respekt. Ich habe noch nie jemanden kritisiert. Die Leute sollen auf sich selbst schauen. Das Treffen mit Dzeko war schon länger ausgemacht, er ist ein Freund von mir.“

Die Partie gegen Nordirland steht auch schon länger fest, Arnautovic ist sich der Tatsache bewusst, „dass es kein Drü- bergang wird. Wir müssen den Ball laufen lassen.“Liverpools Trainer Jürgen Klopp tat kund, „dass die Nations League der sinnlosest­e Bewerb ist, der im Fußball je erfunden wurde“. Arnautovic widerspric­ht: „Er muss ja nicht spielen, ich schon.“Und zwar mit leichten Knieschmer­zen, das linke Gelenk ist am Knochen entzündet, einige Trainings bestreitet er im Schongang. Das Virus, das an der Stirn erkennbar ist (Art Wimmerln), ist im Abflauen und wurscht. „Ich bin bereit, halte es ohne Fußball nicht aus.“Es gehe nur um den Freitag, ab 20.45 Uhr. „Ich will immer ein Tor machen, zerreiße mich.“

Ob er wieder Kapitän ist, entscheide­t Foda, David Alaba fehlt verletzt, Sebastian Prödl wäre eine Alternativ­e. Arnautovic: „Die Schleife ist nicht zu groß für mich. Sie ist eine Ehre, ändert aber nichts an meiner Einstellun­g.“Vielleicht wird er seine Karriere ohne Titel (bei Inter war er Reservist) beenden. Twente, Bremen, Stoke City und West Ham sind respektabl­e Adressen, aber es gibt tollere. „Fußball ist auch Glück. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Überall wo ich bin, schätzen mich die Leute.“Auf dem Fußballpla­tz wie im Kulturhaus.

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Der West-Ham-Arnautovic, hier nach seinem 3:1 gegen Manchester United, hat nicht selten Freude. Der ÖFB-Arnautovic will es ihm gleichtun.
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Foto: APA/Jäger Die Rückkehr Jankos ist eine „große Freude“für Arnautovic.

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