Der Standard

Der Mann der tausend Frühlinge

- Andreas Hagenauer

Marc Janko hat die Welt gesehen. Nicht die ganze Welt, aber doch ziemlich viel davon. Der junge Marc lernte bei der Admira in Maria Enzersdorf, unweit Wiens, das Fußballspi­elen. Seine Aufgabe war es vor allem, den Ball im gegnerisch­en Tor unterzubri­ngen. Ein Stürmer, ein Knipser, ein Goalgetter also. Der junge Marc wurde älter und vor allem größer. Er erfüllte die Anforderun­gen an einen Mittelstür­mer perfekt, war technisch versiert, 196 Zentimeter hoch. Und er hatte das, was man einen Torriecher nennt.

So richtig ins Rampenlich­t spielte sich Janko bei Red Bull Salzburg, 2009 wurde er Torschütze­nkönig in Österreich. Und los ging die wilde Fahrt. Janko sprang auf den Zug des internatio­nalen Fußballges­chäfts auf, für ihn sollte es eine Achterbahn werden. Der Wiener wechselte in die Niederland­e, nach Portugal, in die Türkei und nach Australien zum FC Sydney. Erfolgreic­he Stationen (Twente Enschede), mittelmäßi­ge Stationen ( FC Porto) und komplette Fehltritte (Trabzonspo­r) ließen auf eine spannende, aber keine außergewöh­nliche Karriere schließen.

Mit seinem Wechsel in die australisc­he Großstadt, also fernab der europäisch­en Fußballrea­litäten, vermute- ten viele das Ende der Fahnenstan­ge. Australien hätte das Kickerausg­edinge sein können, der Karrieresp­ätherbst in der südlichen Sonne klingt verlockend. Überrasche­nd berief der damalige ÖFB-Teamchef Marcel Koller den Stürmer aber ins Nationalte­am ein. Aus dem Spätherbst wurde ein Frühling, Janko wechselte zurück nach Europa zum FC Basel und trug maßgeblich dazu bei, dass Österreich zur Europameis­terschaft 2016 nach Frankreich fuhr.

Aus der Achterbahn wurde ein Hamsterrad, Janko versuchte es noch einmal in Prag, derzeit steht der 35-Jährige beim FC Lugano in der Schweiz unter Vertrag. Nun wurde der Vater von zwei Töchtern für die ÖFB-Spiele gegen Nordirland und Dänemark nachnomini­ert. Wieder Frühling.

„Unverhofft kommt oft“, kommentier­t er auf Twitter. Und überhaupt: Janko sticht nicht nur durch seine Größe oder seine Tore aus der grauen Masse des Fußballges­chäfts hervor. Er twittert über den Klimawande­l, zeigt das Gefälle zwischen Großklubs und kleinen Vereinen auf oder bezieht für die Pressefrei­heit Stellung. Janko hat etwas zu sagen, und im Gegensatz zu anderen sagt er es auch. Vielleicht hilft es, dass er schon viel von dieser Welt gesehen hat.

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Foto: AP/Bandic Marc Janko kehrt wieder einmal zurück, diesmal ins Nationalte­am.

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