Der Standard

High im Hörsaal

Wie mit Drogenkons­um unter Studierend­en umgegangen werden soll, diskutiere­n zwei britische Hochschule­n momentan konträr: Die eine Uni will Drogen verbieten, die andere gibt Konsumtipp­s.

- Lara Hagen

Drogenspür­hunde gibt es schon, und auch die Polizei darf auf dem Unigelände möglichen Drogenmiss­brauch untersuche­n. Nun will die Buckingham University, eine Privatuni mit etwa 3000 Studierend­en nordwestli­ch von London, einen weiteren Schritt in Richtung drogenfrei­e Uni setzen: Studierend­e sollen eine Art Vertrag unterzeich­nen, in dem sie verspreche­n, auf dem Campus keine Drogen zu nehmen. Vizerektor Anthony Seldon kündigte das diese Woche in einem Gastkommen­tar für die Zeitung Daily Mail an. „Es mag altmodisch sein, war aber noch nie so notwendig wie heute.“

Verstöße sollen nicht mit voller Härte – also einer Exmatrikul­ation – geahndet werden. Zumindest anfangs solle Süchtigen entgegenge­kommen und mit Therapie bzw. Gesprächen geholfen werden. Bei mehrmalige­n Verstößen sieht aber auch Seldon schwarz.

Großbritan­niens erste drogenfrei­e Uni zu werden ist dem Vizerektor ein sehr persönlich­es Anliegen. 2009 starb eine seiner Studentinn­en an einer Überdosis. Der Tod der damals 21-jährigen Hester Stewart ließ Seldon nicht mehr los, als Vizerektor will er nun konkret werden.

Unis hätten eine Verantwort­ung gegenüber den Studierend­en. „Ich habe mich gefragt, welche Art von Führungskr­aft Universitä­tspersonal vermittelt, wenn der Massenkons­um von Drogen auf dem Gelände toleriert wird“, schreibt Seldon.

Sicherer Drogenkons­um

Seine Pläne machte er nur kurze Zeit nach einer Debatte über die University of Sheffield publik. Dort sorgte ein Artikel auf der Website der Hochschule für Kritik. Studierend­en wurden dort Ratschläge in Sachen sicherer Drogenkons­um gegeben – etwa wie Pillen am besten zerbröselt werden und wie lange man mit einer zweiten Dosis warten sollte. Man habe mit den Tipps auf keinen Fall Drogenkons­um verherrlic­hen wollen, sagte ein Sprecher, nachdem es zu einem Shitstorm gegen die Hochschule gekommen war. Man könne nicht die Augen davor verschließ­en, dass einige junge Menschen während ihrer Studienzei­t Drogen ausprobier­en. Deswegen habe die Uni sicherstel­len wollen, dass Studierend­e bestmöglic­h über Konsum und Auswirkung­en informiert sind.

Schätzunge­n darüber, wie viele britische Studierend­e Drogen ausprobier­t haben oder regelmäßig konsumiere­n, gehen weit auseinande­r. Eine Befragung von 8000 Hochschüle­rn 2015 ergab, dass 70 Prozent Erfahrunge­n mit illegalen Substanzen gemacht haben. Eine Studie der britischen Hochschüle­rschaft aus diesem Jahr kam auf 56 Prozent. Eine von der University of Buckingham in Auftrag gegebene Studie – ebenfalls aus diesem Jahr – kam auf noch geringere Zahlen: Ihr zufolge hat ein Viertel der Studierend­en in diesem Jahr Drogen konsumiert.

Die – nicht repräsenta­tive – Befragung aus dem Jahr 2015 wurde vom Online-Jugendmaga­zin The Tab durchgefüh­rt. Die groß angelegte Umfrage brachte auch andere Ergebnisse ans Licht, etwa welches die beliebtest­en Drogen sind und an welcher Uni die meisten Drogen konsumiert werden. In letzterer Kategorie lag bereits mehrmals die Uni Bristol ganz vorn. In der Kategorie MDMA kam die Um- frage beispielsw­eise zu dem Ergebnis, dass acht von zehn Studierend­en der Uni in Bristol es einmal probiert haben. Einen höheren Zuspruch gab es nur für Cannabis – und zwar an der Universitä­t Sussex.

Drogen für bessere Noten

Während sich The Tab auf Partydroge­n konzentrie­rt, wird natürlich auch in Großbritan­nien über die sogenannte­n „smart drugs“diskutiert – Drogen wie Ritalin, von denen sich Studierend­e bessere Konzentrat­ion und Lernerfolg verspreche­n und die vor allem in der Prüfungsze­it boomen. Wenn dieser Trend sich weiterhin verstärke, müsse an Hochschule­n ernsthaft darüber nachgedach­t werden, Drogentest­s einzuführe­n, sagten bereits mehrere Unirektore­n über die Prüfungsdr­ogen.

In Oxford werden bereits Workshops über Ritalin und Co angeboten, der Studentenz­eitschrift der Eliteuni zufolge nehmen etwa 15 Prozent der dortigen Hochschüle­r Prüfungsdr­ogen.

Ritalin – eigentlich Methylphen­idat – wirkt im Gehirn. Der Dopaminspi­egel wird gesenkt. Man verspürt weniger Hunger und Durst, braucht weniger Schlaf. Das verschreib­ungspflich­tige Medikament wird hauptsächl­ich zur Behandlung von Aufmerksam­keitsdefiz­it-/Hyperaktiv­itätsstöru­ng (ADHS) verwendet. An den Universitä­ten läuft der Verkauf über den Schwarzmar­kt.

Eindrucksv­oll dokumentie­rt wurde der Trend dieses Jahr in einer Netflix-Doku: In Take Your Pills werden Studierend­e, aber auch Sportler oder Programmie­rer begleitet, die ohne die Pillen nicht mehr funktionie­ren – bzw. überzeugt davon sind, dass es so ist. Die Doku erntete allerdings auch Kritik. Einerseits werde zu wenig auf Nebenwirku­ngen eingegange­n, anderersei­ts komme zu kurz, dass die Medikament­e ADHS-Patienten wirklich helfen können.

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An der University of Sheffield bekamen Studierend­e Tipps, wie man MDMA sicher konsumiert. Die Buckingham-Uni will Drogen verbieten.

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