Der Standard

„Heikle Phase“für Koalition

Causa „Rauchverbo­t“bringt ÖVP und FPÖ unter Druck

- Walter Müller

Wien/Graz/Klagenfurt – Mit ihrer Bestemmhal­tung, eine Volksabsti­mmung zum Thema „Rauchverbo­t“kategorisc­h abzulehnen, geraten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) zunehmend in Argumentat­ionsnotsta­nd.

Auf der „Sebastian Kurz“-Homepage etwa steht unter dem Kapitel „Mehr Demokratie zulassen“nach wie vor: „Wenn ein Volksbegeh­ren von zehn Prozent der Bevölkerun­g unterschri­eben wird ... soll das Anliegen ... den Wählerinne­n und Wählern in einer Volksabsti­mmung zur Entscheidu­ng vorgelegt werden.“Damit legt sich die ÖVP auf rund 877.000 notwendige Unterschri­ften fest.

Das „Don’t smoke“-Volksbegeh­ren unterzeich­neten exakt 881.569 Österreich­erinnen und Österreich­er, also mehr als von Kurz für eine Abstimmung vorausgese­tzt. FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache wiederum hatte stets 250.000 Unterschri­ften verlangt. Die Bedingunge­n beider Parteien für eine Volksabsti­mmung wären also de facto erfüllt.

In den beiden Regierungs­parteien herrscht ob der Causa „Volksabsti­mmung“jedenfalls einige Nervosität. Bis auf den Grazer ÖVP-Bürgermeis­ter Siegfried Nagl, der ein „Umdenken“der Regierung fordert, ducken sich FPÖund ÖVP-Politiker verschämt weg. Der ehemalige Rektor der Grazer Medizin-Uni und jetzige ÖVP-Parlamenta­rier, Josef Smolle, – ein strikter Rauchergeg­ner – windet sich, er sei froh, „dass die Zivilgesel­lschaft jetzt Druck mache“. Eine Volksabsti­mmung? Darüber möchte sich der Mediziner nicht äußern, wie auch der steirische­n Gesundheit­slandesrat Christophe­r Drexler oder Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer nicht – beide glühende Befürworte­r des Anti-RaucherVol­ksbegehren­s, aber bezüglich einer Abstimmung, wollen beide „nur intern reden“.

In der FPÖ hatte sich der Kärntner Parteichef Gernot Darmann noch im Frühjahr engagiert für eine Volksabsti­mmung ausgesproc­hen. Jetzt: Keine Stellungna­hme. Dieselbe „Kein Kommentar“-Antwort liefert auch der Grazer FPÖ-Vizebürger­meister Mario Eustacchio.

„Kein Wunder“, sagt Politikber­ater Thomas Hofer, „die Koalition ist in einer extrem heiklen Phase, weil sie sehr unsouverän gegen ihren Anspruch als Partei, die anders sein und auf die Bevölkerun­g hören will, handelt“.

Die Regierungs­spitze könne ihre jetzige Position zur Volksabsti­mmung „einfach nicht schlüssig argumentie­ren“. Hofer: „Sie suchen jetzt einen Ausweg, um über die Causa drüberzuko­mmen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir in den nächsten Tagen ein ganz anderes Thema serviert bekommen.“

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