Der Standard

Ludwig und die „Befindlich­keiten“der Medien

Wiens Bürgermeis­ter kündigt neue Spielregel­n für die Inseratenv­ergabe an

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Wien – Der Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) hat die „Befindlich­keiten“der Medienwelt satt. Am Donnerstag verkündete er bei einem Hintergrun­dgespräch, dass er daher „die Spielregel­n der Informatio­nspolitik“in der Stadt und damit einhergehe­nd die Vergabe von Inseraten an Medien neu definieren wolle. Gemeinsam mit einer Expertengr­uppe und dem grünen Koalitions­partner wolle er ein „sehr transparen­tes Konzept“entwickeln, um die Wiener bestmöglic­h über die Politik und die Angebote der Stadt zu informiere­n und Qualität im Journalism­us zu garantiere­n.

Prinzipiel­l sei Ludwig „prozessoff­en“, sagte er vor Journalist­en, doch die Höhe des Inseratenb­udgets solle „an und für sich“gleich bleiben. „Ich kann mir vorstellen, dass wir bei der Höhe bleiben“, sagte er. Und das ist nicht wenig: Im Jahr 2017 hat die Stadt Wien rund 17,7 Millionen Euro für Inserate ausgegeben – das ist fast doppelt so viel wie alle anderen Bundesländ­er zusammen (9,74 Millionen). Nicht inkludiert sind in dieser Zahl die Inseratenb­udgets der Tochterges­ellschafte­n der Stadt, wie etwa Wien Energie, die Wiener Linien oder der Fonds Soziales Wien.

Trotz der großen Summe, die die Stadt Wien ausgibt, um Informatio­nen zu schalten, ortet Ludwig „Unzufriede­nheit“der Medien. Er wolle sich nicht an der „Konkurrenz­situation“beteiligen und hoffe, dass durch die Neuregelun­g wieder „Zufriedenh­eit einkehrt in der Medienwelt“, sagte er.

Die Stadt müsse sich den Veränderun­gen anpassen. Gerade in Zeiten von Fake-News und durch die Möglichkei­t, dass jeder Informatio­nen in sozialen Medien teilen kann, sei es wichtig, dass Nachrichte­n von journalist­isch qualitativ­en Quellen kämen. Die Stadt wolle darum auch weiterhin klassische Medien unterstütz­en. Allerdings werde er sich „nicht aufdrängen“.

Clinch mit dem Boulevard

Auch betonte Ludwig, er werde sich von den Medien nicht „unter Druck setzen“lassen. Ludwig geriet zuletzt vor allem in der Wiener Gratiszeit­ung Heute und in der Kronen Zeitung in Kritik in Zusam- menhang mit dem Vergleich, den die Wiener Linien mit Wolfgang Fellners Mediengrup­pe Österreich geschlosse­n hatte. Letztere prozessier­te seit rund einem Jahrzehnt in einem Wettbewerb­sverfahren gegen die Wiener Linien. Österreich drängte auf ähnlich viele Entnahmebo­xen in den Stationen wie Heute. Der Verkehrsbe­trieb stellte sich quer. Nun haben sich die Wiener Linien bei der Vergabe von Standorten zur Gleichbeha­ndlung verpflicht­et.

Die Kronen Zeitung und Heute vermuteten dahinter einen Geheimdeal mit Ludwig. Die Gratiszeit­ung sprach von „politische­m Druck“seitens des Bürgermeis­ters. Dieser stellte am Donnerstag klar, sich nicht eingemisch­t zu haben und mit keinen Medien „Geheimverh­andlungen“zu führen. Ludwig lasse sich von den „Kampagnen gegen mich nicht beeindruck­en“. Zwar sei dies nicht der Auslöser für die Neuregelun­g des Infobudget­s gewesen, es hätte das Vorhaben „aber beschleuni­gt“.

Ludwig deutete zudem an, dass auch die Entnahmebo­xen in den U-Bahn-Stationen diskutiert werden könnten. Auch solle bewertet werden, ob die Informatio­nen und Inserate bei Bürgern ankommen.

Der Großteil des Inseratenb­udgets der Stadt ging 2017 übrigens an Heute (2,84 Millionen), darauf folgten die Kronen Zeitung (2,29 Millionen) und Österreich (1,02 Millionen). (ook)

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Foto: Christian Fischer Michael Ludwig überdenkt das Verhältnis von Stadt und Medien.

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