Das Aufrüsten im Cyberspace
Für den Krieg im Netz wird derzeit massiv aufgerüstet. Zugleich toben permanent Auseinandersetzungen – samt Cyberspionage, Desinformationskampagnen und Einflussoperationen.
Das Bundesheer hat sich die Kosten ausgerechnet: Österreich mit Cyberattacken und Sabotageaktionen gegen Glasfaserleitungen weitgehend auszuknipsen kostet zehn Millionen Euro. „Wir sind zum Schluss gekommen, dass ein gleichzeitiger Angriff auf die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes von Strom- und Wasserversorgung über Krankenhäuser, Behörden, die Flugsicherung bis hin zum Militär mit relativ überschaubarem finanziellem Aufwand durchaus machbar wäre“, erklärt Walter Unger vom CyberVerteidigungszentrum im Abwehramt des Bundesheeres. „Am meisten kostet das Personal, die Programmierer und IT-Experten“, sagt der Oberst dem STANDARD.
Im Verteidigungsministerium geht man davon aus, dass groß- flächige Angriffe nurmehr eine Frage der Zeit sind. Diese Attacken könnten etwa zu einem Blackout, einem mehrtägigen Stromausfall, führen, der auch verheerende Auswirkungen, bis hin zu Todesfällen, mit sich bringen würde.
Dass ein derartiges Szenario nicht weit hergeholt ist, zeigte sich 2015 in der Ukraine. Eine Woche vor Weihnachten fiel in einem Teil der Hauptstadt Kiew der Strom für einige Stunden aus, nachdem ein Kraftwerk Ziel einer Cyberattacke geworden war. Der Angriff wurde von westlichen Beobachtern Russland zugeordnet und als Machtdemonstration gewertet.
Tatsächlich toben im Netz seit Jahren Auseinandersetzungen, die als Cyberwar bezeichnet werden. Die Kriegsführung im digitalen Raum ist nicht gänzlich anders als bisherige Formen der kriegerischen Auseinandersetzung. Neu ist nur, dass hier auch zu Friedenszeiten ständig „gekämpft“wird. Auch kommen weitere Dimensionen wie Cyberspionage, Desinformationskampagnen und Einflussoperationen hinzu. Dabei ist nicht immer klar, wer hinter einem Angriff steckt oder wer das wirkliche Ziel ist. Dies macht Cyberattacken für Angreifer auch so attraktiv, sagt Unger.
Günstige Kriegsführung
Auch ist bei derartigen Attacken die Schwelle hoch, darauf militärisch zu reagieren, und diese Kriegsführung hat einen weiteren Vorteil: Sie ist vergleichsweise günstig. Während die Preise für Kampfflugzeuge und Panzer steigen, sind Computer und Software durchaus billig zu bekommen.
In der vergangenen Woche blitzte der Krieg im Netz auf. Russland wurde von Nato-Staaten beschuldigt, hinter zahlreichen Hackerangriffen der letzten Jahre zu stecken. Die Nato drohte Russland auch offen mit Gegenschlägen. Dafür stellten Großbritannien, Dänemark und die Vereinigten Staaten dem Bündnis offensive Cyberwaffen zur Verfügung.
Diese Aufrüstung wird von Frank Rieger kritisiert. Der Sprecher des Chaos Computer Club hat nun das Buch Cyberwar – Die Gefahr aus dem Netz veröffentlicht. Er sagt, dass die „starke Fokussierung auf Offensivstrategien nicht zu einer Erhöhung der Sicherheit führt. Da es im Cyberbereich keine Abschreckung gibt, sorgen auch noch so umfangreiche AngriffsKapazitäten nicht dafür, dass die eigene Bevölkerung nicht im Zweifel Opfer oder Kollateralschaden eines Angriffs wird.“
Mit Cyberangriffen muss sich auch das Bundesheer herumplagen. Derzeit gibt es pro Woche einen Angriff, den man ernst nehmen muss, so Oberst Unger. In den letzten Jahren haben sich die Angreifer professionalisiert. Sie spähen etwa das Privatleben ihrer Ziele via Social Media aus und können so über personalisierte E-Mails Schadsoftware auf Computer einschleusen, um dann sensible Daten abgreifen zu können. Klicken die Angegriffenen aber auf einen Link in der E-Mail oder öffnen ein angehängtes Dokument, geben sie den Angreifern unwissentlich Zugriff auf interne Daten.