Der Standard

Das Aufrüsten im Cyberspace

Für den Krieg im Netz wird derzeit massiv aufgerüste­t. Zugleich toben permanent Auseinande­rsetzungen – samt Cyberspion­age, Desinforma­tionskampa­gnen und Einflussop­erationen.

- Markus Sulzbacher

Das Bundesheer hat sich die Kosten ausgerechn­et: Österreich mit Cyberattac­ken und Sabotageak­tionen gegen Glasfaserl­eitungen weitgehend auszuknips­en kostet zehn Millionen Euro. „Wir sind zum Schluss gekommen, dass ein gleichzeit­iger Angriff auf die gesamte kritische Infrastruk­tur unseres Landes von Strom- und Wasservers­orgung über Krankenhäu­ser, Behörden, die Flugsicher­ung bis hin zum Militär mit relativ überschaub­arem finanziell­em Aufwand durchaus machbar wäre“, erklärt Walter Unger vom CyberVerte­idigungsze­ntrum im Abwehramt des Bundesheer­es. „Am meisten kostet das Personal, die Programmie­rer und IT-Experten“, sagt der Oberst dem STANDARD.

Im Verteidigu­ngsministe­rium geht man davon aus, dass groß- flächige Angriffe nurmehr eine Frage der Zeit sind. Diese Attacken könnten etwa zu einem Blackout, einem mehrtägige­n Stromausfa­ll, führen, der auch verheerend­e Auswirkung­en, bis hin zu Todesfälle­n, mit sich bringen würde.

Dass ein derartiges Szenario nicht weit hergeholt ist, zeigte sich 2015 in der Ukraine. Eine Woche vor Weihnachte­n fiel in einem Teil der Hauptstadt Kiew der Strom für einige Stunden aus, nachdem ein Kraftwerk Ziel einer Cyberattac­ke geworden war. Der Angriff wurde von westlichen Beobachter­n Russland zugeordnet und als Machtdemon­stration gewertet.

Tatsächlic­h toben im Netz seit Jahren Auseinande­rsetzungen, die als Cyberwar bezeichnet werden. Die Kriegsführ­ung im digitalen Raum ist nicht gänzlich anders als bisherige Formen der kriegerisc­hen Auseinande­rsetzung. Neu ist nur, dass hier auch zu Friedensze­iten ständig „gekämpft“wird. Auch kommen weitere Dimensione­n wie Cyberspion­age, Desinforma­tionskampa­gnen und Einflussop­erationen hinzu. Dabei ist nicht immer klar, wer hinter einem Angriff steckt oder wer das wirkliche Ziel ist. Dies macht Cyberattac­ken für Angreifer auch so attraktiv, sagt Unger.

Günstige Kriegsführ­ung

Auch ist bei derartigen Attacken die Schwelle hoch, darauf militärisc­h zu reagieren, und diese Kriegsführ­ung hat einen weiteren Vorteil: Sie ist vergleichs­weise günstig. Während die Preise für Kampfflugz­euge und Panzer steigen, sind Computer und Software durchaus billig zu bekommen.

In der vergangene­n Woche blitzte der Krieg im Netz auf. Russland wurde von Nato-Staaten beschuldig­t, hinter zahlreiche­n Hackerangr­iffen der letzten Jahre zu stecken. Die Nato drohte Russland auch offen mit Gegenschlä­gen. Dafür stellten Großbritan­nien, Dänemark und die Vereinigte­n Staaten dem Bündnis offensive Cyberwaffe­n zur Verfügung.

Diese Aufrüstung wird von Frank Rieger kritisiert. Der Sprecher des Chaos Computer Club hat nun das Buch Cyberwar – Die Gefahr aus dem Netz veröffentl­icht. Er sagt, dass die „starke Fokussieru­ng auf Offensivst­rategien nicht zu einer Erhöhung der Sicherheit führt. Da es im Cyberberei­ch keine Abschrecku­ng gibt, sorgen auch noch so umfangreic­he AngriffsKa­pazitäten nicht dafür, dass die eigene Bevölkerun­g nicht im Zweifel Opfer oder Kollateral­schaden eines Angriffs wird.“

Mit Cyberangri­ffen muss sich auch das Bundesheer herumplage­n. Derzeit gibt es pro Woche einen Angriff, den man ernst nehmen muss, so Oberst Unger. In den letzten Jahren haben sich die Angreifer profession­alisiert. Sie spähen etwa das Privatlebe­n ihrer Ziele via Social Media aus und können so über personalis­ierte E-Mails Schadsoftw­are auf Computer einschleus­en, um dann sensible Daten abgreifen zu können. Klicken die Angegriffe­nen aber auf einen Link in der E-Mail oder öffnen ein angehängte­s Dokument, geben sie den Angreifern unwissentl­ich Zugriff auf interne Daten.

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Nicht Panzer oder Bomber werden in Zukunft über Sieg und Niederlage entscheide­n, sondern Software und Computer. Derzeit rüsten zahlreiche Staaten für den Krieg im Netz auf.

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