Der Standard

Sojus-Raumfahrer notgelande­t

Der Fehlstart eines Sojus-Raumschiff­s zwang zwei Raumfahrer zur Notlandung in der kasachisch­en Steppe. Der Russe Owtschinin und der US-Amerikaner Hague kamen mit dem Schrecken davon.

- David Rennert, Jürgen Doppler

Zunächst verlief alles nach Plan: Wie vorgesehen startete am Donnerstag­vormittag mitteleuro­päischer Zeit das Raumschiff Sojus MS-10 vom Weltraumba­hnhof Baikonur in Kasachstan Richtung Internatio­naler Raumstatio­n (ISS). Doch nach knapp zwei Minuten wurde es kurzzeitig ernst: Beim Abstoßen der zweiten Antriebsst­ufe der Trägerrake­te kam es zu einem Problem. Statt der Zündung der dritten Stufe setzte das automatisc­he Notsystem ein – und funktionie­rte zum Glück für die Besatzung einwandfre­i.

Die Raumkapsel mit dem russischen Kosmonaute­n Alexej Owtschinin und dem US-Astronaute­n Nick Hague an Bord wurde abgekoppel­t und glitt dank Bremsraket­en und Fallschirm­en einigermaß­en sanft zu Boden – wenn auch in einem steileren Winkel als bei Sojus-Landungen üblich. Rettungsma­nnschaften eilten mit Hubschraub­ern zur rund 400 Kilometer vom Startpunkt entfernten Landestell­e und konnten schnell Entwarnung geben: Beide Raumfahrer waren unversehrt. Wenige Stunden später gingen schon erste Bilder um die Welt, die sie beim Nüsseknabb­ern auf einem Ledersofa in der kasachisch­en Stadt Schesqasgh­an zeigen. Wäre der mit sechs Stunden anberaumte Flug nach Plan verlaufen, wären sie zu diesem Zeitpunkt gerade bei der ISS angekommen.

Die genauen Ursachen für den Fehlstart sind noch nicht geklärt. Der Chef der russischen Raumfahrtb­ehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, kündigte die Einrichtun­g einer staatliche­n Untersuchu­ngskommiss­ion an. Aufschlüss­e erhofft man sich von der Auswertung der Telemetrie-Daten der Rakete. Das noch auf die Sowjetzeit zurückgehe­nde Sojus-Programm kämpft seit Jahren mit technische­n Problemen. Jüngstes Beispiel einer Pannenseri­e war die unmittelba­re Vorgängeri­n der nun notgelande­ten Kapsel MS-10. Bei der bereits an der ISS angedockte­n MS-09 war ein Leck festgestel­lt worden, die Suche nach der Ursache gestaltete sich als un- erwartet schwierig. Medienberi­chten zufolge will Russland die bemannte Raumfahrt nun vorerst aussetzen. Für die aktuelle Crew der ISS bedeutet das eine verlängert­e Wartezeit, denn seit dem Ende des Shuttle-Programms der Nasa kann allein Russland Raumfahrer von und zur ISS transporti­eren. Von Privatunte­rnehmen wurden bislang nur Versorgung­sflüge durchgefüh­rt.

Owtschinin ist bereits ein erfahrener Weltraumve­teran, für Hague war es ein dramatisch­es Debüt. Die beiden sollten zu einem sechsmonat­igen Forschungs­aufenthalt aufbrechen und das Team um den Deutschen Alexander Gerst verstärken, der derzeit das Kommando auf der ISS innehat.

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Die notgelande­te Raumkapsel in der kasachisch­en Steppe. Aus dem planmäßig sechsstünd­igen Flug wurden nur wenige, dafür umso aufreibend­ere Minuten. Die Crew hat den Fehlstart gut überstande­n.
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Foto: AFP / Yuri Kochetkov Owtschinin (vorn) und Hague kurz vor dem Start in Baikonur.

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