Der Standard

Umweltschü­tzer warnen vor Verwässeru­ng der EU-Wasserrich­tlinie

Die aktuelle Evaluierun­g könnte auch laut dem ehemaligen EU-Kommissar Franz Fischler von Lobbys missbrauch­t werden

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Wien – Das Bild von Österreich ist eng mit glasklaren Seen, Gebirgsbäc­hen und reinem Trinkwasse­r verbunden. Doch in Österreich gelten lediglich 15 Prozent aller Flüsse als ökologisch intakt. 40 Prozent sind in ausreichen­d gutem Zustand. Hauptgründ­e für die Defizite sind die suboptimal­e Verbauung mit Hochwasser­schutz und Wasserkraf­twerke sowie die Verschmutz­ung durch die Landwirtsc­haft.

Umweltschu­tzorganisa­tionen befürchten, dass einige Mitgliedss­taaten und Lobbys nun versuchen, die EU-Wasserrahm­enrichtlin­ie im Zuge des aktuell laufenden „Fitnessche­cks“sogar aufzu- weichen. 100 Organisati­onen rufen deshalb zur europaweit­en Initiative „Rette unser Wasser“auf.

Die EU-Wasserrahm­enrichtlin­ie wurde im Jahr 2000 aufgrund des schlechten Zustands europäisch­er Gewässer festgesetz­t und beruht auf zwei Prinzipien: Verschlech­terungsver­bot und Verbesseru­ngsgebot. Bis 2027 sollen alle Fließgewäs­ser in einem guten ökologisch­en und chemischen Zustand sein.

Bislang wurden laut Hanna Simons vom WWF aber nur 40 Prozent des Ziels erreicht. Zurzeit wird evaluiert, ob die Staaten die Maßnahmen ausreichen­d umsetzen. Laut einem Bericht der EU- Umweltagen­tur befinden sich derzeit noch 60 Prozent der Gewässer in Europa in sanierungs­bedürftige­m Zustand. Simons warnte am Donnerstag bei der Präsentati­on der Initiative davor, dass mehr Ausnahmere­gelungen eingeführt werden könnten und damit die Wasserqual­ität weiter verschlech­tert wird. „Das wäre eine Bankrotter­klärung der europäisch­en Umweltpoli­tik“, sagte sie.

„Heimische Fließgewäs­ser sind ziemlich zugepflast­ert“, sagte auch Franz Maier vom Umweltdach­verband. 33.000 Querbauwer­ke in Österreich­s Gewässern würden sich negativ auf Artenvielf­alt und Gewässerdy­namik auswirken. Besonders Kleinkraft­werke würden seiner Meinung nach oft einen schlechten Wirkungsgr­ad aufweisen.

Fischler warnt vor Lobbys

Auch der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, derzeit Präsident des Europäisch­en Forums Alpbach, macht sich für die Initiative stark. „Der Fitnesstes­t wird missbrauch­t“, warnte er. Denn manche Lobbys würden massiv für eine Aufweichun­g „einer der energischs­ten Richtlinie­n der EU“eintreten.

Daher ruft er Interessie­rte dazu auf, ihre Meinung im Zuge des Konsultati­onsverfahr­ens der EU- Kommission mitzuteile­n. Diese ist verpflicht­et, sie bei den weiteren Überlegung­en zu berücksich­tigen. „Oft wirkt Europa weit weg von den Menschen. Hier hat die Bevölkerun­g den direkten Draht zur EU-Kommission und kann sich für den Erhalt der Wasserrahm­enrichtlin­ie einsetzen“, appelliert Fischler.

In Österreich kann bis 4. März die EU-Kommission direkt über die Webseiten der zehn österreich­weit teilnehmen­den Organisati­onen zum Thema Wasserrahm­enrichtlin­ie angeschrie­ben werden. Eine Handysigna­tur ist dadurch nicht notwendig. (july) p www.wwf.at/wasser

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