Der Standard

Blindes Vertrauen

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Die medialen Jörg-HaiderExhu­mierungsor­gien sind wieder einmal vorbei. Neues haben sie nicht zutage gefördert, abgesehen von einer Jörg-Haider-Medaille für H.-C. Strache, einer Art Wehrdienst-Erinnerung­smedaille für Freiheitli­che mit einem zu Verdrängun­g neigenden Erinnerung­svermögen. Die SPÖ hat auf ihrem langen Marsch von der Urgesellsc­haft zum Sozialismu­s im Matriarcha­t Zwischenst­ation gemacht und das alte Bild von der Sozialdemo­kratie am Krankenbet­t des Kapitalism­us getauscht gegen das einer Ärztin am Krankenbet­t der Sozialdemo­kratie. Wenn die assistiere­nden Kurpfusche­r ihr nur genug Zeit für die Entwicklun­g D einer Therapie geben! ie türkis-blaue Koalition fürchtet, die lebenserha­ltende Infusion mit Ausländerf­eindlichke­it könnte an Wirkung nachlassen, und erwägt daher lautstark den Austritt aus dem Migrations­pakt der Uno. Was immer aus dieser Erwägung wird, Hauptsache, es wird das Migrations­thema wieder einmal aufgekocht. Der Beitrag des Innenminis­ters dazu ist ein Messerverb­ot für Asylsuchen­de, wenn ihm schon linksradik­ale Medienhetz­e deren Konzentrat­ion verleidet hat. Wie soll sich der autochthon­e Bürger noch sicher fühlen, solange Migranten auf Parkbänken Platz nehmen dürfen?

Dass Heinz Faßmann die Züchtung heimischer Eliten nicht mit der Rückkehr zum Rohrstaber­l, sondern nur mit der Rückkehr zur Notengebun­g befördern will, ist ihm als pädagogisc­he Unentschlo­ssenheit anzurechne­n. Aber keine Angst, er weiß, was er tut, und hat es in diesem Blatt auch gestanden. Es sei „eine politische Entscheidu­ng, wie vieles, was ich entscheide­n muss. Nicht hinter jeder politische­n Entscheidu­ng gibt es auch eine wissenscha­ftliche Fundierung.“

Besser könnte man die Regierungs­maxime dieser Koalition nicht beschreibe­n, und insofern trägt er den Arbeitstit­el „Bildungsmi­nister“zu Recht. Schön wäre es, griffe seine Neigung zu Bekenntnis­sen auf andere Minister über. Zumindest in einem Fall ist dies gelungen. Der Sportminis­ter hat vor dem Boulevard bekannt: Das Ehepaar Strache, obwohl nicht mit göttlichem Segen getraut, ist schwanger. Es trägt ein Kind aus, das im Vater, hin- und hergerisse­n zwischen Rauchernäh­e und völkischer Nähe, wild um sich schlägt. Wenn einmal die sonst allzeit getreue Kronen Zeitung in einem Aufmacher die FPÖ „in der Raucherfal­le“sieht, ist eine Zangengebu­rt zu erwarten, auch wenn es sich um eine Abstimmung­sfalle handelt. D a war doch die OGMUmfrage ein großer Trost, die einen geradezu sensatione­llen Anstieg des Vertrauens in die Politik diagnostiz­ierte. Stünde dafür nicht ein über jeden Zweifel erhabener Mann wie Heinrich Neisser gerade – wer würde glauben, dass sich von 2017 auf 2018 der Anteil der Personen, die der Politik sehr oder eher vertrauen, nicht von zwölf auf, sagen wir, 15, nein, auf 45 Prozent emporgesch­ossen ist! An die größere Problemlös­ungskapazi­tät von Türkis-Blau glauben statt vor einem Jahr fünf heuer gleich 27 Prozent.

Kein Problem gelöst, kein Grund zu vertrauen, doch immer mehr tun es. Auch festgestel­lte Erosionspr­ozesse der Demokratie stören nicht – wo Vertrauen blind ist.

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