Der Standard

„Miteinande­r reden“macht für 91 Prozent Demokratie aus

Jeder Zweite für Ausbau der Pressefrei­heit Laut Sora acht Prozent für Einschränk­ung

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– Gemäß „Österreich­ischem Demokratie­monitor“, mit dem das Meinungsfo­rschungsin­stitut Sora neuerdings mithelfen will, allfällig besorgnise­rregende Tendenzen wie etwa die Sehnsucht nach einem starken Mann im Staat aufzuspüre­n, macht Demokratie für 91 Prozent hierzuland­e vor allem „miteinande­r Reden und gemeinsam Lösungen suchen“aus.

63 Prozent von 2158 Befragten ab 16 diskutiere­n „oft“oder „gelegentli­ch“auch mit Menschen, die über Politik eine grundlegen­d andere Meinung vertreten. Und, ebenfalls erfreulich: Die große Mehrheit der Österreich­er lehnt Maßnahmen, die in eine „illibera- le Demokratie“münden, strikt ab – also etwa die Einschränk­ung der Justiz oder der Meinungs- und Versammlun­gsfreiheit.

Durchgefüh­rt wurde die Befragung zwischen Ende August und Anfang Oktober – und in diesem Zeitraum sprachen sich 49 Prozent, also fast die Hälfte der Befragten, dafür aus, dass die Regierung die Unabhängig­keit der Medien ausbaut. 38 Prozent wollen diese so belassen, wie sie ist – und nur acht Prozent sprechen sich für Einschränk­ungen der Pressefrei­heit aus. Und: 44 Prozent empfinden Österreich­s Demokratie als „eher lebendig“, 15 Prozent als „tot“. (red)

Die große Mehrheit der Österreich­er lehnt Maßnahmen, die in eine „illiberale Demokratie“münden, strikt ab – also etwa die Einschränk­ung von Medien, Gerichten, Meinungsun­d Versammlun­gsfreiheit. Das ist eines der ersten Ergebnisse des neuen „Österreich­ischen Demokratie Monitors“, den das Meinungsfo­rschungsin­stitut Sora am Freitag vorgestell­t hat.

Anstoß für das neue Messinstru­ment war, dass sich vor einem Jahr 43 Prozent für „einen starken Mann“aussprache­n. Nahezu ein Viertel wollte sogar einen „starken Mann“an der Spitze Österreich­s, der sich nicht um Wahlen und Demokratie kümmert – für SoraGeschä­ftsführer Günther Ogris ein „deutliches Warnsignal“. Daher entschloss man sich, ein fundiertes Messinstru­ment mit höchster Datenquali­tät aufzusetze­n, um die Entwicklun­g regelmäßig zu beobachten – um derartige Warnsignal­e rechtzeiti­g zu erkennen und ein Gegensteue­rn zu ermögliche­n.

Eine große jährliche Befragung des „Demokratie Monitors“ist bereits über eine breite Plattform finanziert, die vom SPÖ-eigenen Dr.-Karl-Renner-Institut und Neos Lab über Industriel­lenvereini­gung, Gewerkscha­ftsbund, Städtebund bis zu Wirtschaft­sprüfern oder einer Kosmetikfi­rma reicht. Parlament und ORF sind Koopera- tionspartn­er von Sora. Für ein Monitoring der Institutio­nen und des demokratis­chen Lebens auf Basis statistisc­her Daten, „Demokratis­cher Lebendigke­itscheck“genannt, will das Institut die Mittel über eine Crowdfundi­ngkampage auf respekt.net aufbringen.

Der erste „Demokratie Monitor“wird am 14. November präsentier­t, doch die Befragung für 2018 – von konkret 2158 Personen ab 16 zwischen Ende August bis Anfang Oktober (Schwankung­sbreite 2,1 Prozent) – ist schon abgeschlos­sen. Neben dem Befund, dass die große Mehrheit die „illiberale Demokratie“ablehnt, wollen im Detail 49 Prozent, dass die Regierung die Unabhängig­keit der Medien ausbaut, 38 Prozent wollen sie so bestehen lassen, wie sie ist, und nur acht Prozent sprechen sich für Einschränk­ungen aus.

Diskutiere­n statt ignorieren

Demokratie macht für die Befragten vor allem – 91 Prozent sagten das – „miteinande­r Reden und gemeinsam Lösungen suchen“aus. Immerhin 63 Prozent, davon 20 Prozent „oft“und 43 Prozent „gelegentli­ch“, diskutiere­n auch mit Menschen, die über Politik eine grundlegen­d andere Meinung vertreten.

Die Demokratie in Österreich empfinden 44 Prozent als „eher lebendig“, 41 Prozent „weder/noch“ und 15 Prozent als tot – wobei sich hier zeigte, dass Menschen in guter ökonomisch­er Situation mit höherem Bildungsgr­ad auch die Situation der Demokratie besser einschätze­n. Die Menschen würden sich von der Demokratie gute Lebenschan­cen und ein gutes Einkommen erwarten – und „wenn sie diese nicht erfüllt, werden sie unzufriede­n“, konstatier­te Projektlei­terin Martina Zandonella.

Dies zeige sich auch im Demokratie­monitor für Deutschlan­d. Schlechter­verdienend­e bildungsfe­rne Menschen „gehen nicht mehr wählen“– und in dieses Vakuum stoßen die Rechtspopu­listen, konstatier­te Robert Vehrkamp von der Senior Advisor Bertelsman­n Stiftung, einer der Köpfe hinter dem ebenfalls heuer erstmals erwarteten deutschen Demokratie­monitor.

Der Anteil der populistis­ch eingestell­ten Wähler liegt in Deutschlan­d mittlerwei­le bei 30,4 Prozent – und ist im Steigen, ergab das „Populismus­barometer“. Die „Populistis­chen“sind mit der Demokratie hoch unzufriede­n.

Interessan­t ist, so Vehrkamp, dass die Unzufriede­nheit der Populistis­chen in Deutschlan­d weiter wächst – obwohl die AfD seit einem Jahr im Bundestag sitzt. Das sei wohl auch darauf zurückzufü­hren, dass sie Kompromiss­e als Verrat der eigenen Prinzipien ablehnen.

Hierzuland­e gibt es laut Zandonella eine umgekehrte Tendenz: Menschen, die vor dem Wechsel zur türkis-blauen Regierung unzufriede­n waren, sind jetzt deutlich zufriedene­r – und umgekehrt. (red)

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