Der Standard

DER GEFALLENE

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Der neue Kanzler las seiner Bundesregi­erung erst einmal die Leviten: „Wenn wir dieses Schauspiel weiter liefern, ein Schauspiel der Machtverse­ssenheit und der Zukunftsve­rgessenhei­t, dann haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültige­n Aufprall“, prophezeit­e Christian Kern nach seiner Kür zum SPÖ-Chef und Bundeskanz­ler. Der Manager übernahm im Mai 2016 eine zerrüttete Partei – welche flugs von einer stürmische­n Euphorie ergriffen wurde. Nach dem faden Werner Faymann war Kern der Hoffnungst­räger, der die Massen begeistern konnte. Zweieinhal­b Jahre später, nach einer verlorenen Wahl und jeder Menge interner Querelen, kehrt er der Politik frustriert den Rücken.

Enttäuscht­e Erwartunge­n, inneres Gleichgewi­cht

„Christian Kern erlitt das typische Schicksal eines Quereinste­igers“, analysiert Stainer-Hämmerle und zählt auf: „Ein Quereinste­iger, ein neues Gesicht, frische Hoffnung. Letztlich ist er an der eigenen Partei gescheiter­t. Ein klassische­r Management­fehler.“Denn Kern sei zwar „sehr viel Bundeskanz­ler, aber wenig Parteichef“gewesen. Er hätte ja delegieren können, an einen „Geschäftsf­ührer, der den Laden aufräumt“. Falsche Personalen­tscheidung­en hätten sich gerächt. Dazu kam das Fiasko des Rücktritts, ein Kommunikat­ionsversag­en, das ihn viel Glaubwürdi­gkeit gekostet habe – erst dementiert­e er entspreche­nde Gerüchte. Der Basis sei der ehemalige Vorstand zudem eher als „Nadelstrei­fsozialist“erschienen, meint Stainer-Hämmerle.

Das ist für den einst gefeierten Kern auch persönlich schmerzhaf­t, glaubt Psychologe Gerhard Burda. Die Kränkung ist offensicht­lich. „Zum Schluss wollte Kern sein inneres Gleichgewi­cht wieder herstellen“, sagt Burda. „Sein innenpolit­isches Scheitern hätte er in Brüssel ausgleiche­n können.“Aber auch daraus wurde nichts.

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CHRISTIAN KERN

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